Zum Tode des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman

Auf der Suche nach Gott

Ingmar Bergman war der berühmteste schwedische Filmregisseur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er war weltweit anerkannt und vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren heftig diskutiert. Jetzt ist er in seiner Wahlheimat, den Faröer Inseln, wo er auch zahlreiche Filme drehte, im Alter von 89 Jahren gestorben.

 (DR)

Dass er mit Filmen wie "Der Abend der Gaukler" (1952) oder "Das siebente Siegel" und "Wilde Erdbeeren" (beide 1957) das Publikum so rasch eroberte, hatte damit zu tun, dass Bergman das Unterhaltungskino überwand und wie wenige andere in dieser Zeit den Film als Kunst verstanden hat, dass er Fragen stellte nach dem Sinn des Lebens. Bergman berief sich auf den amerikanischen Dichter Eugene O'Neill, der gesagt hatte, dass "alle dramatische Kunst ohne Interesse ist, wenn sie sich nicht über das Verhältnis des Menschen zu Gott beugt."

Diese metaphysische Dimension hat Bergman zum Teil in Märchen und Parabeln dargestellt wie in "Das siebente Siegel", wo ein Ritter und Kreuzfahrer mit dem Tod Schach spielt. Daneben stehen Geschichten mit einem realistischen Ansatz wie "Wilde Erdbeeren", wo einen alter Professor, der zu einer Ehrung unterwegs ist, Gespräche mit Anhaltern zu Erinnerungen und Träumen und schließlich zu einer Lebensbilanz animieren.

Viele Filme Bergmans sind voller Ängste und Zweifel, münden aber doch oft in Hoffnung oder Erlösung. Aber es gab auch den radikalen Gegenentwurf, "Das Schweigen" (1963): Zwei Schwestern werden in einem Land, dessen Sprache sie nicht verstehen und in dem Krieg herrscht, in die äußerste Einsamkeit getrieben. Eine Schwester stirbt, die andere reißt wahllos Männer auf. "Das Schweigen", das wegen seiner für damalige Zeiten sehr deutlichen Sexszenen in einigen Ländern zensiert wurde, ist wohl der verzweifeltste Film Bergmans, ein Hilfeschrei. In der Bundesrepublik kam er ungekürzt ins Kino und erhielt das Prädikat "Besonders wertvoll".

Geboren wurde Ingmar Bergman am 14. Juli 1918 in Uppsala. Bevor er 1946 seinen ersten Film "Krise" drehte, hatte er schon an verschiedenen Bühnen gearbeitet, und das Theater blieb sein zweites Standbein. Vor allem am "Dramaten" in Stockholm war er als Regisseur und einige Jahre (1963-1966) auch als Direktor tätig. Er hat die großen, vergrübelten Werke Strindbergs inszeniert wie "Traumspiel" und "Gespenstersonate", Ibsens Frauenstücke "Nora" und "Hedda Gabler", aber auch Büchners "Woyzeck" oder Peter Weiss' "Die Ermittlung".

In den siebziger und achtziger Jahren hat Bergman auch in München Regie geführt, hat unter anderem Tschechows "Drei Schwestern" und Gombrovicz' "Yvonne, Prinzessin von Burgund" auf die Bühne gebracht. Filme und Theateraufführungen sind bei Bergman eine Einheit, gespeist aus dem Verlangen, dem Rätsel des Lebens auf die Spur zu kommen.

Unter seinen etwa 50 Filmen gibt es zahlreiche Meisterwerke wie "Persona" (1966), "Schreie und Flüstern" (1972), "Szenen einer Ehe" (1973) oder "Fanny und Alexander" (1982). Oft erzählt er von Beziehungen zwischen Frauen, von Familien, die zerfallen oder sich wieder finden, von der Unausweichlichkeit von Krankheit und Tod.

Dass seine Filme über die Jahrzehnte einen eigenen, unverwechselbaren Ton hatten, ist nicht zuletzt seinem Schauspieler-Ensemble zu verdanken. Max von Sydow, Gunnar Björnstrand, Ingrid Thulin, Gunnel Lindblom, Liv Ullmann oder Erland Josephson haben auch die extremsten Rollen nicht nur professionell gespielt, sondern mit Leben und Leidenschaft ausgefüllt.