Der Schauspieler Ulrich Mühe ist mit 54 an Krebs gestorben

Mann des Understatements

Ulrich Mühe war ein eher verhaltener Schauspieler. Einer, der mehr mit Understatement als mit der großen Geste arbeitete.

 (DR)

Im Oscar-gekrönten Film «Das Leben der Anderen»
(2006) gelang es ihm, eine charakterliche Wandlung darzustellen, ohne allzu dick aufzutragen. Er spielte den Stasi-Hauptmann Wiesler, der durch die Berührung mit der Welt seiner Bespitzelungsopfer zu einem anderen Menschen wird. Am Sonntag (22. Juli) ist Mühe mit 54 Jahren in seinem Wohnort Walbeck (Sachsen-Anhalt) an Krebs gestorben, wie erst am Mittwoch bekannt wurde.

Mühe wurde am 20. Juni 1953 im sächsischen Grimma geboren. Ab 1975 studierte er an der Leipziger Theaterhochschule «Hans Otto» und hatte 1979 am Städtischen Theater von Chemnitz sein erstes Engagement. Der Durchbruch im Kino gelang ihm 1986 in Hermann Zschoches Hölderlin-Film «Hälfte des Lebens».

International bekannt wurde er 1989 durch seine Verkörperung des Theodor Lohse in Bernhard Wickis Joseph-Roth-Verfilmung «Das Spinnennetz». Er spielte einen Mann ohne Gesinnung und Moral, der sich in den 20er Jahren den politischen Zeitläuften anpasst und später zum Faschisten wird. Mühe zeichnete diesen Lohse als ein blasses Nichts, als ein menschliches Chamäleon, bei dem sich Unterwürfigkeit und Mordlust paaren.

Er wirkte in Helmut Dietls Satire «Schtonk!» um die gefälschten Hitlertagebücher mit. Und zwei Mal arbeitete er für den Regisseur Michael Haneke: «Bennys Video» (1992) und «Funny Games» (1996). Im Fernsehen war er seit 1997 regelmäßig als Gerichtsmediziner Dr. Kolmar in der preisgekrönten Serie «Der letzte Zeuge» zu sehen.

2006 feierte er dann seinen größten internationalen Erfolg mit «Das Leben der Anderen». Dafür erhielt er den Europäischen und den Deutschen Filmpreis. Der Film wurde mit einem Oscar als bester ausländischer Film ausgezeichnet.

Auch privat reichten die Schatten der Staatssicherheit in das Leben des Schauspielers Mühe hinein. Im letzten Jahr behauptete er, dass seine Exfrau Jenny Gröllmann, die er bei den Dreharbeiten zu «Hälfte des Lebens» kennengelernt hatte, ihn bespitzelt habe. Zwar wurde die inzwischen verstorbene Gröllmann bei der Stasi geführt, eine Verpflichtungserklärung fand sich aber nie. Anfang dieses Jahres unterschrieb Mühe eine Erklärung, sich nicht mehr zu IM-Tätigkeit von Gröllmann zu äußern.

Die meisten Rollen von Mühe im Kino waren ernst - und er statte sie mit der ihm eigenen Melancholie aus. Dass aber auch ein Komiker in ihm steckte, bewies er in Dani Levys Hitler-Satire «Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler» (2007). Da spielt er den jüdischen Schauspiellehrer Adolf Grünbaum, der aus dem KZ geholt wird, um Adolf Hitler in den letzten Tagen des «Dritten Reiches» noch einmal in Höchstform zu bringen. Zu den stärksten Szenen des Films gehört, wie Mühe/Grünbaum den Führer im gelben Trainingsanzug Lockerungsübungen machen und wie einen Hund bellen lässt.