Regierungskonferenz in Brüssel eröffnet

Start für EU-Reform

Verfassungselemente sollen in Reformvertrag übernommen werden. - Nach der gescheiterten EU-Verfassung will die Europäische Union wesentliche Neuerungen in einen Reformvertrag überführen.

 (DR)

Am Montag eröffneten dazu in Brüssel die Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten eine Regierungskonferenz, mit der das europäische Vertragwerk reformiert werden soll. Angesichts neuer Misstöne aus Polen warnte das Europaparlament vor Nachforderzungen und appellierte an die Staats- und Regierungschefs, keine "Öffnung des Verhandlungsmandates" zuzulassen.

Stichtag: 18./19. OktoberZum Auftakt der Verhandlungen bekräftigte der amtierende EU-Ratspräsident, Portugals Außenminister Luìs Amado, den Willen seines Landes, bis zum EU-Gipfel am 18./19. Oktober den neuen Reformvertrag vorzulegen. Dieser soll ab 2009 anstelle der von 18 Mitgliedsländern ratifizierten, aber bei zwei Referenden gescheiterten EU-Verfassung treten. Am Dienstag beginnen laut Amado die technischen Arbeiten auf Expertenebene. Im September wollen sich die Außenminister erneut mit dem Vertragsentwurf befassen, der im Oktober beschlossen werden soll.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, begrüßte den ehrgeizigen Fahrplan für die Regierungskonferenz, der eine Ratifizierung des Reformvertrages vor der Europawahl 2009 vorsieht. "Neue Verhandlungsthemen und eine Öffnung des Verhandlungsmandates sollte es nicht mehr geben", sagte er mit Blick auf immer wiederkehrende Forderungen aus Polen. Auch der SPD-Europaabgeordnete Klaus Hänsch sowie der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok warnten vor einem erneuten Aufschnüren des EU-Reformpakets.

"Wer jetzt mit neuen Punkten kommt, der spielt nicht fair
Angesichts immer neuer Begehrlichkeiten einzelner EU-Mitglieder schloss der Verfassungsexperte im Europaparlament, Jo Leinen (SPD), Verzögerungen oder ein Scheitern der Regierungskonferenz nicht aus. "Wer jetzt mit neuen Punkten kommt, der spielt nicht fair, der begeht ein Foul", betonte er. "Aus Polen kommt wahrscheinlich die größte Gefahr für Verzögerungen", sagte Leinen. Aber auch Großbritannien könnte Nachforderungen stellen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erinnerte derweil an den im Juni in Brüssel erreichten "politischen Konsens". Jetzt könne es nur darum gehen, "noch einige Details auf technischer Ebene" zu klären. Zugleich zeigte sich Barroso zuversichtlich, dass der von Portugal aufgestellte Zeitplan gehalten werden kann. Zum ersten Mal sei für eine Regierungskonferenz "ein klares Zieldatum" benannt worden.

Links-Fraktion: Auf der Flucht vor der eigenen Wahlbevölkerung
Kritik kam von der Links-Fraktion. Deren europapolitischer Sprecher Diether Dehm warf der Regierungskonferenz "Flickschusterei" an einem bereits gescheiterten Reformvorhaben vor. Die europäischen Regierungen befänden sich "auf der Flucht vor der eigenen Wahlbevölkerung", sagte Dehm unter Verweis auf Bestrebungen, Volksabstimmungen in den EU-Mitgliedsstaaten so weit wie möglich zu umgehen.

Mit dem Reformvertrag will sich die EU bis zur Europawahl 2009 eine neue Rechtsgrundlage geben. Damit der Vertragstext in Kraft treten kann, müssen ihn alle 27 EU-Mitgliedsstaaten ratifizieren. In einigen Mitgliedsstaaten ist dazu ein Referendum notwendig. Die EU-Verfassung war 2005 bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden durchgefallen.