Merkel sieht Koalitionsziele bislang weitgehend erreicht - Opposition schimpft

Zwischenbilanz (selbst-)zufriedenstellend

Die große Koalition hat nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Regierungsziele bislang weitgehend erreicht. Neben den positiven Entwicklungen sowohl am Arbeitsmarkt als auch beim Wirtschaftswachstum sei es gelungen, beim Haushalt 2008 die niedrigste Nettoneuverschuldung seit der Wiedervereinigung zu erreichen, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin. Die Opposition kritisiert die zwei Jahre schwarz-rot als "sozial verheerend".

 (DR)

Nun gelte es, die "Grundlagen des Aufschwungs" langfristig weiter zu stärken, damit noch mehr Menschen an der guten konjunkturellen Entwicklung teilhaben könnten. Nach der Sommerpause werde sich die Regierung auf die Schwerpunkte Integration sowie Technologie und Wissenschaftsentwicklung konzentrieren, kündigte Merkel an. Ziel müsse sein, dass die Investitionen für Technik und Wissenschaft drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichten. Weitere Themen sind Merkel zufolge das BKA-Gesetz, die Neuordnung der Arbeitsmarktinstrumente und der Investivlohn.

Angesichts der SPD-Kritik an ihrer Führung betonte Merkel, es tue diesem Kabinett sehr gut, dass Meinungsunterschiede nicht übertüncht, sondern Sachprobleme diskutiert und dann entschieden würden, ohne dass die Debatte sofort mit Abriegelungsmechanismen unterbunden werde. "Wir sind damit gut gefahren", sagte sie. Allerdings müsse man in einer Koalition auch mit Unterschieden leben können. Merkel fügte hinzu, sie arbeite mit den Ministern gerne zusammen.

Opposition beklagt magere Bilanz
Die "Halbzeit"-Bilanz der Bundesregierung ist aus Sicht der Opposition kein Grund zur Freude. Von "mager" bis "sozial verheerend" reichten die Vorwürfe, die von FDP, Linken und Grünen am Mittwoch zu zwei Jahren Schwarz-Rot erhoben werden. Für den Sozialverband VdK ist es höchste Zeit, dass die Koalition deutliche "Korrekturen" an der bisherigen Sparpolitik vornimmt.

"Bei Lichte betrachtet: Diese große Koalition hat minimale Ergebnisse gebracht und ist zur Halbzeit schon ausgelaugt und zerstritten", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Er fügte hinzu: "Frau Merkel hat es verstanden, die Sozialdemokratisierung der Union als ihren Erfolg zu verkaufen, während nun schon der dritte SPD-Vorsitzende in ihrer Ära mit leeren Händen da steht."

Vor allem die Rente mit 67 Jahren ist der Opposition und dem VdK ein Dorn im Auge. Dies sei "die größte Fehlleistung der Regierung Merkel", sagte der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine. Er rief Union und SPD zu einem Kurswechsel auf und forderte, die Arbeitnehmerinteressen wieder stärker zum Maßstab des Regierungshandelns zu machen. Dazu gehöre eine Rücknahme von "Hartz IV" genauso wie die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitnehmer und die Wiederherstellung der Rentenformel, um Altersarmut zu vermeiden.

VdK-Präsident Walter Hirrlinger verlangte, der so genannte Nachholfaktor bei der Rente müsse unverzüglich aufgehoben werden. "Der Nachholfaktor wurde in wirtschaftlich schlechten Zeiten als Stellschraube erdacht." Er sehe vor, "dass ab 2011 alle Minusanpassungen, die in den vergangenen Jahren nicht umgesetzt wurden, durch Kürzungen künftiger Rentenanpassungen nachgeholt werden sollen". Im schlimmsten Fall heiße das für die Rentner: "Nullrunden bis zum Sankt Nimmerleinstag".

Für Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn gehört die Gesundheitsreform ebenfalls zu dem von der Koalition zu verantwortenden "Murks". Auch beim Klimaschutz gebe es nicht mehr als schöne Ankündigungen, und die drängende Pflegereform habe die große Koalition wohlweislich erst einmal verschoben. "Das ist eine 'MAV-Regierung' - Murksen, Ankündigen und Verschieben", sagte der Grünen-Politiker.

Trotz der harschen Kritik glaubt keine der Oppositionsparteien derzeit an ein vorzeitiges Aus für die großen Koalition. Für Niebel liegt das Ende von Schwarz-Rot in den Händen Merkels, die wohl bis zum Ende ihrer Kanzlerschaft vom Aufwind der Weltkonjunktur getragen werde. Lafontaine sagte: "Obwohl die große Koalition so zerstritten ist, dass sie kaum noch etwas zustande bringt, ist zu befürchten, dass sie sich bis 2009 durchwurstelt." Kuhn urteilte: "Das Klima in der großen Koalition ist miserabel. Dagegen war Rot-Grün eine Harmonieveranstaltung."