Düsseldorfer Urteil macht Kopftuchstreit noch verwirrender

Auch Nonnentracht unzulässig

Jetzt könnte genau das eintreten, was die christlichen Kirchen immer befürchtet hatten: Das Verbot des Kopftuchtragens an Schulen in vielen Bundesländern könnte zum Einfallstor für eine generelle Zurückdrängung religiöser Symbole aus dem öffentlichen Raum werden.

 (DR)

Das jedenfalls legt das am Dienstag ergangene Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts nahe: Die Richter wiesen einerseits die Klage einer Kopftuch tragenden muslimischen Lehrerin auf Einstellung in den nordrhein-westfälischen Schuldienst zurück. Andererseits aber äußerten sie unter Berufung auf das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes die Meinung, dass auch das Tragen katholischer Ordenstrachten oder der jüdischen Kippa an staatlichen Schulen nicht zulässig sei. Eine Revision ist zulässig.

Genau anders, aber mit der gleichen Begründung, hatte im vergangenen Juli das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden: Es erlaubte einer muslimischen Lehrerin das Tragen eines Kopftuchs während des Unterrichts, weil in Baden-Württemberg Ordensschwestern in Tracht unbeanstandet an einer staatlichen Schule unterrichten dürften. Nur der Bayerische Verfassungsgerichtshof ließ eine unterschiedliche Behandlung von Kopftuch und Ordenstracht zu: Er bestätigte im Januar das seit 2005 bestehende Kopftuch-Verbot in Bayern als ebenso verfassungskonform wie den Willen des Gesetzgebers, Ordenstrachten in den Schulen weiter zuzulassen.

Erneut wird sichtbar, dass das so genannte Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts von 2003 keinen gordischen Knoten durchgeschlagen, sondern eine Fülle neuer Probleme geschaffen hat. Im jahrelangen Streit um das muslimische Kopftuch, das die baden-württembergische Lehrerin Fereshta Ludin während des Unterrichts tragen wollte, entschieden die Karlsruher Richter damals salomonisch: Ein Verbot des Kopftuchs bedürfe einer gesetzlichen Regelung des jeweiligen Bundeslandes.

Das war die Zündung für einen politischen Dauerbrenner, der bis heute Landtage, Parteien und Gerichte auf Trab hält. Das Urteil aus Karlsruhe traf weithin auf Kritik. Ein "läppisches Kleidungsstück" verwandele sich "in die Fahne des Kriegs der Kulturen", kommentierte damals der Bonner Staatsrechtler Josef Isensee. Das Verfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung "den Apfel der Zwietracht in die deutsche Gesellschaft geworfen".

Wie verworren die Lage ist, zeigt sich auch an den unterschiedlichen Gesetzen der acht Bundesländer, die diese Frage inzwischen geregelt haben. In Berlin verabschiedete die rot-rote Koalition die weitestgehende Regelung: Nicht nur an öffentlichen Schulen, sondern auch in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind alle auffälligen religiösen Symbole untersagt. Auch Bremen hat sich für ein Verbot aller religiösen Symbole entschieden. Das gilt aber nur für Schulen und nicht für Justiz und Polizei. Zudem räumt das Gesetz Schulen das Recht auf eine Einzelfallentscheidung ein. Ein Verbot aller religiösen Symbole an Schulen hatte auch Schleswig-Holstein geplant. Die Landesregierung zog jedoch einen entsprechenden Gesetzesentwurf wieder zurück.

Einen etwas anderen Weg ist Hessen gegangen: Hier sprach der Gesetzgeber nur ein Verbot für das Kopftuch aus, während jüdische und christliche Symbole weiter erlaubt sind. Das Gesetz gilt nicht nur für die Schulen, sondern für alle Beamten. Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Niedersachsen haben dagegen Regelungen verabschiedet, die sich nur auf das Kopftuch beziehen und nur für Schulen gelten. Dass Kreuz und Kippa weiter zugelassen wurden, wurde mit der christlich-jüdischen Tradition oder dem christlichen Erziehungsauftrag begründet.