Papst erleichtert die Feier der alten lateinischen Messe

Alter Ritus - Beitrag zur Versöhnung

Papst Benedikt XVI. hat die Feier der alten lateinischen Messe erleichtert. Er erlaubte am Samstag die in der Kirchensprache Latein gefeierte vorkonziliare Messform von 1962 als "außerordentliche Form der Liturgie der Kirche". Die heute zumeist übliche deutsche Volksmesse bleibe aber die ordentliche Form der Messfeier. Deutsche Bischöfe begrüßten das Vorgehen des Papstes und würdigten seine Sorge um die Einheit der Kirche. Traditionalisten äußerten sich dankbar. Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" warnte vor neuer Spaltung.

 (DR)

Bei der vorkonziliaren Feier und der Messfeier in der Form von 1970 handele es sich um zwei Anwendungsformen des einen römischen Ritus, unterstrich Benedikt XVI. in dem Motu Proprio. Es trägt nach den lateinischen Anfangsworten den Titel "Summorum pontificum" und soll zum 14. September in Kraft treten.

In der Liturgiegeschichte, so der Papst, dürfe es keinen Bruch sondern nur Wachstum und Fortschritt geben. "Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß! Es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein."

Die breite Wiederzulassung der alten Messform solle nicht die Bedeutung des Konzils und der Liturgiereform von 1970 antasten oder in Frage stellen. "Diese Befürchtung ist unbegründet", betonte der Papst in einem Begleitbrief an die rund 4.000 Bischöfe der Weltkirche. Das Messbuch von 1970 bleibe "die normale Form" der Eucharistiefeier. Es gehe darum, Versöhnung und Einheit in der Kirche zu bewahren, so Benedikt XVI.

Auch an Sonntagen

Mit der neuen Regelung haben Gemeindepfarrer künftig Bitten nach der alten Messe "bereitwillig aufzunehmen" und auf das Wohl traditionsverbundener Katholiken zu achten. Voraussetzung ist, dass in der Pfarrei eine solche Gruppe "dauerhaft existiert". Wo Gläubige mit diesem Wunsch auf Ablehnung stoßen, dürfen sie Unterstützung von ihrem Bischof verlangen. Bei weiteren Schwierigkeiten solle die 1988 errichtete vatikanische Kommission "Ecclesia Dei" (Kirche Gottes), bislang für die Wiedereingliederung ehemaliger Anhänger des exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre zuständig, für eine Lösung sorgen.

Kardinal Karl Lehmann betonte, die deutschen Bischöfe hofften auf eine Einheit stiftende Wirkung der neuen Regelungen. Benedikt XVI. wolle damit zur Versöhnung in der Kirche beitragen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Befürchtungen, der Papst wolle Entscheidungen des Konzils in Frage stellen, seien unbegründet.

Lehmann äußerte Zweifel an einem steigenden Bedarf vorkonziliarer Messfeiern in Deutschland. Eine Umfrage der Bistümer habe 2006 erbracht, dass das Angebot im Großen und Ganzen ausreiche. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, äußerte sich nicht zu dem Schreiben.

Der Münchner Kardinal Friedrich Wetter wertete das Motu Proprio als Entgegenkommen für die Anhänger der alten Messform. Sie würden mit der "Weite des katholischen Herzens in pastoraler Liebe" angenommen. Ihrerseits sollten sie die Gültigkeit und Heiligkeit der erneuerten Liturgie anerkennen.

Lefebvre-Nachfolger

Der Generalobere der von Rom abgespaltenen Traditionalisten dankte Benedikt XVI. Bernard Fellay sprach in einer im schweizerischen Menzingen verbreiteten Erklärung von einem "günstigen Klima" für eine Annäherung. Zugleich fordert er die Aufhebung der bestehenden Exkommunikation gegen die unerlaubt zum Bischof geweihten Geistlichen der Bruderschaft, zu denen er selber zählt. Er leitet in der Nachfolge Lefebvres die 1969 gegründete Pius-Priesterbruderschaft, deren Mitglieder sich weiterhin als Teil der katholischen Kirche betrachten. Im August
2005 hatte Benedikt XVI. Fellay in Privataudienz empfangen.

"Wir sind Kirche" erklärte, man befürchte eine Spaltung in Gemeinden, Bistümern und der gesamten katholischen Kirche. Der Papst hätte von den Traditionalisten eine volle Zustimmung zu den Ergebnissen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) fordern müssen, erklärte die Bewegung. Das Motu Proprio sei ein gefährliches Zeichen dafür, die Beschlüsse des Konzils in Frage zu stellen oder schrittweise rückgängig machen zu wollen.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte das Schreiben des Papstes. Präsident Hans Joachim Meyer betonte, die seit 1970 meist übliche Messfeier bleibe "weiterhin die einzige ordentliche liturgische Ausdrucksform der katholischen Kirche".

Die tridentinische Messe in der Form von 1962 ist eine überarbeitete Fassung der von Papst Paul V. 1570 im Zuge des Konzils von Trient eingeführten Messbuchs. Gegenüber der stärker "dialogisch" angelegten Messe in der erneuerten Form von 1970 bleibt den Gläubigen bei der alten Liturgie eine mehr oder weniger passive Rolle vorbehalten. Zahlreiche Priestergebete werden leise und für die Gläubigen nicht hörbar gesprochen.