Jean-Louis Tauran hält für den Vatikan Kontakte zum Islam

Vatikan verstärkt interreligiösen Dialog

Der Vatikan hat organisatorische und personelle Konsequenzen aus der Polemik um die "Regensburger Rede" vom September 2006 gezogen. Mit der Ernennung eines neuen Präsidenten des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog stellte er die Eigenständigkeit dieses vatikanischen Dialog-Ministeriums wieder her. Zugleich berief er mit dem französischen Kurienkardinal Jean-Louis Tauran (64) einen der erfahrensten und angesehensten vatikanischen Diplomaten an dessen Spitze.

 (DR)

Theologischer Dialog reicht nicht
Als "genialen Schachzug" und als "glückliche Lösung" bezeichnen Vatikanbeobachter wie Kurienprälaten die jüngste Personalentscheidung des Papstes. Seine Nominierung bedeutet die Aufwertung eines Ressorts, das im Vatikan bislang eher in der zweiten Reihe stand. Im Bemühen um eine Straffung des Kurienführung hatte Benedikt XVI. im März 2006 den Dialog-Rat dem Kultur-Rat angegliedert. Diese Entscheidung wurde jetzt rückgängig gemacht.

Die Reduktion des Dialog-Rats samt der Versetzung des in Islam-Kreisen geschätzten früheren Präsidenten Erzbischof Michael Fitzgerald als Nuntius nach Kairo erwies sich nach außen jedoch als falsches Signal, wie der Papst und sein neuer Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone bald erkannten.

Kulturelles Gespräch notwendig
Schon als Kardinal sah Papst Benedikt wenig Sinn in einem rein theologischen Dialog zwischen Christen, Muslimen, Buddhisten oder Hindus. Der Kontakt zu den anderen Weltreligionen könne sich zweckmäßiger im kulturellen Gespräch entfalten.

Zwar wurde die islamische Kritik an der Regensburger Vorlesung mit ihrem Mohammed-Zitat in vielen mühsamen Einzelkontakten und vor allem durch die erfolgreiche Türkei-Reise des Papstes weitgehend eingegrenzt. Aber es war auch klar, dass sich in der aktuellen Situation eine eigene Vatikanbehörde nicht nur nebenbei, sondern ausschließlich um die Beziehungen mit anderen Religionen, insbesondere mit dem Islam befassen muss. Versteckt im Nebensatz eines norditalienischen Provinz-Interviews signalisierte Bertone Ende Mai die Korrektur der Korrektur: Der Dialog-Rat wird wieder eigenständig.

Es war ein glücklicher Zufall, dass sich gerade in dieser Situation der Spitzendiplomat Tauran von einer Erkrankung erholte und sich um eine aktivere Tätigkeit bewarb. Aufgrund seiner angegriffenen Gesundheit hatte er den Papst Ende 2003 um eine ruhigere Aufgabe gebeten und war an die Spitze von vatikanischer Bibliothek und Archiv versetzt worden.

Für sein neues Amt bringt er 13 Jahre Erfahrung als vatikanischer Außenminister mit. Zuvor tat er Dienst in verschiedenen Vatikanbotschaften. Während des libanesischen Bürgerkriegs war er zwischen 1979 und 1983 in Beirut auf Posten, wo er unmittelbaren Kontakt zum Islam hatte. Jetzt ist dieser erfahrene und im internationalen Geflecht hoch geschätzte Diplomat wieder reaktiviert. Benedikt XVI. kann die Dienste des mit 64 Jahren noch verhältnismäßig jungen Kurienkardinals wieder nutzen. Und er ist nun an einer Stelle, wo diplomatisches Gespür und Geschick dringend gefragt sind.

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