Bundespräsident Horst Köhler hat bei "Christiansen" eine Debatte entfacht

Präsident des Volkes

Bundespräsident Horst Köhler hat Sonntagabend, in der letzten Sendung von Sabine Christiansen, die Diskussion um das Präsidentenamt neu entfacht. Sein Vorschlag: das Staatsoberhaupt soll durch Direktwahl vom Volk bestimmt werden. Vielleicht sogar nur für eine einzige Periode, die dann aber sieben oder acht Jahre andauern soll. Damit könne auch das koalitionspolitische Gerangel um die Wiederwahl eingeschränkt werden, sagte Köhler in der Sendung. Das wäre nur eine Scheinbeteiligung, beurteilt Prof. Schiller von der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung, den Vorschlag im domradio-Interview.

 (DR)

Eine Direktwahl würde die Erwartungen der Wähler an den Bundespräsidenten erhöhen. Die Balance der höchsten Staatsämter in Deutschland würde dadurch ins Ungleichgewicht geraten. Für den Politikwissenschaftler Prof. Theo Schiller von der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie an der Uni Marburg ist der Vorschlag daher etwas voreilig.

Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim unterstützte dagegen in einem ddp-Interview den Vorschlag des Bundespräsidenten. Im Fall einer Direktwahl, könne der Bundespräsident "von seinen Kompetenzen nachdrücklicher Gebrauch machen" und zum Beispiel "wirklich unabhängige Kommissionen berufen". Zudem könne er "ein gewisses Gegengewicht gegen Missbräuche der politischen Parteien in eigener Sache bilden".

Diskussion gehört ins Parlament
Die Bundesregierung hält sich mit einer Bewertung des Vorschlags von Bundespräsident Horst Köhler zur Direktwahl des Staatsoberhauptes zurück. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte am Montag in Berlin, jeder "Denkanstoß" des Bundespräsidenten sei wichtig für die politische Diskussion. Die Debatte über mehr plebiszitäre Elemente und eine Direktwahl des Staatsoberhauptes werde schon seit Jahren geführt, "mit gewichtigen Argumenten von beiden Seiten."

Zu Recht sei von allen Bundesregierungen darauf verwiesen worden, dass die Debatte in die "Mitte des Parlamentes" als Verfassungsgesetzgeber gehöre, sagte Wilhelm weiter. Es sei abzuwarten, inwieweit beide gesetzgebenden Körperschaften die Diskussion weiterführen würden.

In Deutschland wird der Bundespräsident laut Artikel 54 des Grundgesetzes von der Bundesversammlung gewählt. Diese besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Bürgern, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. Die Amtszeit des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Eine Wiederwahl ist zulässig, aber nur einmal.