Wahl in Frankreich: Sarkozy verpasst 2/3-Mehrheit

Höhenflug gebremst

Bei der letzten großen Wahl des Jahres in Frankreich hat das konservative Regierungslager um Präsident Nicolas Sarkozy seine absolute Mehrheit verteidigt - bei überraschenden Verlusten. Die Sozialisten konnten gegen alle Umfragen zulegen. Das politische Beben des Abends: Die Wahlniederlage des neuen "Superministers" Alain Juppé. - Zu den Reaktionen in Frankreich: SPIEGEL-Korrespondent Stefan Simons.

 (DR)

Sozialisten legen zu
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat die gewünschte Zweidrittel-Mehrheit in der Nationalversammlung überraschend verfehlt. Er bekam bei der Stichwahl am Sonntag (17.6.) aber eine absolute Mehrheit für seine Reformpolitik. Nach stabilisierten Hochrechnungen kam Sarkozys konservative Regierungsbündnis auf 319 bis 329 der 577 Sitze - gegenüber 388 Mandaten im scheidenden Parlament. Die Sozialisten erhielten 202 bis 210 Mandate - ein überraschendes Plus von etwa 50 Sitzen gegenüber 2002.

Alle übrigen Parteien verfehlten die Fraktionsstärke (20 Sitze). Die Bipolarisierung aus der ersten Wahlrunde hat sich damit klar bestätigt. Vor einer Woche hatte die UMP 39,6 Prozent der Stimmen erreicht, das beste Ergebnis einer einzelnen Partei seit der Ära de Gaulle. Dennoch wurde aus der prognostizierten "Blauen Welle", also einem Erdrutschsieg der UMP, nichts. Ersten Analysen zufolge lag dies unter anderem an der geringen Wahlbeteiligung von etwa 60 Prozent, ähnlich niedrig lag sie seit Gründung der Fünften Republik 1958 nur vor fünf Jahren.

Dämpfer für Sarkozy
Das Ergebnis ist ein erster und deutlicher Dämpfer für Sarkozy, der einen "klaren Auftrag" zur Umsetzung seines rechten und wirtschaftsliberalen Reformprogramms gefordert hatte. Sein Premierminister François Fillon hatte sich bis zum Sonntag überzeugt gezeigt, ein besseres Ergebnis als 2002 einzufahren. Nach allen Umfragen konnte Sarkozy auf eine Zweidrittel-Mehrheit rechnen. Sogar eine Dreiviertel-Mehrheit schien greifbar.

Nun musste die UMP den Hochrechnungen zufolge knapp 50 Sitze abgeben. Dennoch ist es zum ersten Mal seit fast 30 Jahren einem politischen Lager gelungen, die Mehrheit im Parlament zu verteidigen.

Den wesentlichen Grund für die Korrektur des Wahlergebnisses aus der ersten Runde sehen Beobachter in der Angst der Franzosen vor einem übermächtigen Parlament. Und damit einem Präsidenten, der vielleicht versucht sein könnte zu regieren wie ein mittelalterlicher Duodezfürst.

Überraschende Schlappe für Alain Juppé
Das politische Beben des Abends bleibt die Schlappe von Alain Juppé: Der Fall des Superministers und Bürgermeisters, der ausgerechnet in seiner Heimatstadt Bordeaux geschlagen wurde, ist für den Präsidenten ein herber Gesichtsverlust.

Der zweite Mann im Kabinett, mit einem Superressort für Umwelt und nachhaltige Entwicklung muss, trat nach den selbst auferlegten Regeln von Premier Francois Fillon, von seinen Ämtern zurück - damit gerät die sorgfältig austarierte Balance in der Riege der Minister durcheinander.