Schmidt verteidigt Konzept - Seehofer: Eckpunkte können vor Sommerpause verabschiedet werden

Streit um Pflegereform

Die geplante Pflegereform sorgt in der großen Koalition weiter für Wirbel. Der SPD-Sozialpolitiker Karl Lauterbach warf am Samstag der Union vor, sie wolle "den Koalitionsvertrag bei der Pflege brechen". Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas warnte vor einer "Reform auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner". Das wäre "für die große Koalition deutlich zu wenig", sagte er. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt verteidigte derweil ihr Konzept für die Reform.

 (DR)

"Es ist eine große, inhaltlich gute Reform"
Sie habe mit Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein "großes Reformpaket" verabredet, das den Koalitionsfraktionen nun vorgelegt werde, sagte Schmidt. "Es wird Millionen Menschen zu einem leichteren Leben verhelfen", betonte die SPD-Politikerin. Es werde Verbesserungen für altersverwirrte Menschen geben, für Angehörige, die Familienmitglieder pflegen und für Menschen, die auf ambulante Pflegeangebote warten. "Es ist eine große, inhaltlich gute Reform", versicherte die Ressortchefin.

Die Finanzierung der Pflegeversicherung ist ihren Worten zufolge durch die Reform mittelfristig gesichert. "Mein Vorschlag enthält eine stabile Finanzierung für mindestens ein Jahrzehnt", sagte Schmidt. Die Finanzreform sei nicht gescheitert.

Seehofer: Kommen um Beitragssatzerhöhung nicht herum
Seehofer verteidigte die geplante Anhebung des Beitrags zur Pflegeversicherung. "Wenn wir künftig eine humane, hochwertige und generationengerechte Pflege sicherstellen wollen, die auch altersverwirrte Menschen einschließt, dann werden wir um eine sehr begrenzte Beitragssatzerhöhung nicht herumkommen", betonte Seehofer. Nach seinen Worten können die Koalitionsspitzen, die am Montag auch über die Pflegereform sprechen werden, die Eckpunkte zu der Reform noch vor der Sommerpause verabschieden.

Lauterbach hielt der Union vor, sie lehne "eine nennenswerte Beteiligung der Privatversicherten am Finanzausgleich ab, obwohl dies im Koalitionsvertrag steht". Unter diesen Bedingungen könne es die von der Union gewünschte Kapitaldeckung auch nicht geben.

Zugleich sprach sich der SPD-Politiker dafür aus, die Reform in dieser Wahlperiode auf eine Anhebung der Beitragssätze zur Pflegeversicherung zu beschränken: "Wenn der Beitragssatz steigt, weil die Qualität der Pflege sich verbessert, geht das in Ordnung. Das ist besser als ein fauler Kompromiss bei der Finanzierung des Systems."

Maas betonte demgegenüber, wenn die große Koalition eine Legitimationsberechtigung haben wolle, "muss sie eine umfassende Reform der Pflegeversicherung hinbekommen". Das sei das drängendste verbleibende Projekt dieser Legislaturperiode.

Sozialverband fordert große Pflegereform
SPD-Vize Elke Ferner betonte, ein finanzieller Ausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung sei "sinnvoll, geboten und sozial gerecht". Weil die Pflege-Risiken "zum allergrößten Teil auf die soziale Pflegeversicherung entfallen, muss das Gesamtsystem Pflege gerechter gestaltet werden", forderte sie.

Der Sozialverband VdK forderte die Koalition auf, den Konflikt um die Beteiligung der Privatversicherer an den Kosten der gesetzlichen Kassen auszuräumen und sich auf eine große Pflegereform zu einigen. VdK-Präsident Walter Hirrlinger warnte davor, Streitpunkte wie etwa die Finanzierung auszuklammern und es bei einer "kleinen Reform" zu belassen. "Das muss im Block geregelt werden", sagte er.