Die Union setzt bei der Pflegereform auf Privatvorsorge

Pflege à la Riester?

Bei den Verhandlungen zur Pflegereform verhärten sich in der großen Koalition zunehmend die Fronten. Die CDU will nach dem Vorbild der Riester-Rente die private Vorsorge ausbauen. Und stößt damit bei der SPD auf wenig Gegenliebe. Der Vorwurf: Vertragsbruch. Das Problem: Beide Parteien könnten sich in ihren Reformvorhaben gegenseitig blockieren.

 (DR)

Seehofer: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not
Laut Seehofer hat die Koalitionsarbeitsgruppe, die er zusammen mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bildet, mehrere Modelle zur Vorsorge per Kapitaldeckung ausgearbeitet. Anfang Juli soll sie ein Eckpunktepapier vorlegen.

Seehofer betonte, angesichts von inzwischen mehr als acht Millionen Verträgen bei der staatlich geförderten Riester-Rente sei er sicher, dass dieses Prinzip auch in der Pflege gut funktioniere. Durch Privatvorsorge lasse sich der zu erwartende Beitragsanstieg bremsen. "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not", fügte der CSU-Politiker hinzu und warnte: Ohne den Ausbau der privaten Vorsorge werde eine Reform mit der Union schwierig.

Nahles lehnt Vorstoß als unsozial ab
Die designierte SPD-Vize Andrea Nahles lehnte den Vorschlag strikt ab. "Eine Riester-Pflege wäre nur freiwillig möglich und würde daher diejenigen unterstützen, die das Geld für Rückstellungen überhaupt haben. Die Geringverdiener werden erneut abgehängt", kritisierte die SPD-Linke.

Zugleich warf sie der Union vor, bei der Pflege mit Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu brechen. Die SPD bestehe auf dem vereinbarten Finanzausgleich zwischen privaten und gesetzlichen Pflegekassen, da das Pflegefall-Risiko bei Patienten von Privatkassen "dramatisch niedriger" sei. "Wir werden nicht zulassen, dass die Union wieder einseitig die Privatkassen schützen will", betonte Nahles. Die Union macht dagegen verfassungsrechtliche Zweifel an einer Beteiligung der privaten Versicherer geltend.

Union und SPD könnten sich in ihren Reformvorhaben gegenseitig blockieren, denn ein Finanzausgleich und der Aufbau einer kapitalgedeckten Demografiereserve waren in der Koalitionsvereinbarung verknüpft worden. Einig ist sich die Arbeitsgruppe laut "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montagausgabe) zumindest über einen Beitragsanstieg um 0,3 Punkte.

Opposition: Erbärmliches Schauspiel
Derzeit liegt der Beitrag bei 1,7 Prozent des Bruttoeinkommens, Kinderlose zahlen einen Zuschlag von 0,25 Punkten. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) und der SPD-Vorsitzende Kurt Beck hatten am Wochenende übereinstimmend erklärt, nötig sei eine Beitragserhöhung um mindestens 0,5 Punkte. Im Gegenzug könnte der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinken. Beschlüsse gibt es hierzu aber noch nicht, wie Regierungssprecher Ulrich Wilhelm betonte. Am kommenden Montag wollen soll der Pflegestreit Thema im Koalitionsausschuss sein.

Die Pflegeexpertin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, bezeichnete den Pflegestreit der Koalition angesichts Millionen Betroffener als "erbärmliches Schauspiel". Am Ende komme wohl erneut höchstens ein "minimales Reförmchen". FDP-Chef Guido Westerwelle warf der Bundesregierung "mangelnde Handlungsfähigkeit" auf Kosten der Bürger vor.