Behindertenbeauftragte fordert Abschaffung der Sonderschulen

"Selbstbestimmtes Leben fördern"

Auch Menschen mit Behinderung sind leistungsfähig. Viele könnten ein selbstbestimmtes Leben führen. "Die deutschen Förderschulen aber machen die Integration in Beruf und Gesellschaft schwer", sagt die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Karin Evers-Meyer. Und fordert die Abschaffung der Sonder- und Förderschulen in Deutschland.

 (DR)

Alle Kinder, ob behindert oder nicht, müssten gleichberechtigt unter einem Dach unterrichtet werden, sagte Evers-Meyer vor Beginn einer zweitägigen europäischen Konferenz zum Thema Behinderten-Integration am Montag im Deutschlandradio Kultur. In Italien oder Schweden besuchten über 80 Prozent der behinderten Kinder allgemeine Schulen, in Deutschland hingegen nur zwölf Prozent. Die Integration behinderter Kinder müsse bereits im Kindergarten beginnen. Kinder müssten von klein auf lernen, dass es normal sei, unterschiedlich zu sein.

Ausgrenzung vorbeugen
"Unser Schulsystem ist diskriminierend", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete. Das Aussortieren Behinderter in Sonder- und Förderschulen verstoße gegen Artikel 24 der UN-Menschenrechtskonvention. "Wir sehen in der gemeinsamen Erziehung und Ausbildung behinderter und nicht-behinderter Kinder unter einem Dach einen effizienteren Weg, spätere Diskriminierung in Alltag zu verhindern", sagte Evers-Meyer. Eine gemeinsame Schule sei auch der beste Weg, um einer Ausgrenzung von Behinderten im Berufsleben vorzubeugen. Nur so könnten Berührungsängste und Vorurteile abgebaut werden.

Evers-Meyer forderte ein Umdenken im Umgang mit Behinderten weg vom Fürsorgegedanken hin zur Förderung eines selbstbestimmten Lebens. "Wir denken immer defizitorientiert und meinen daher, behinderte Menschen sind nicht leistungsfähig", sagte die SPD-Politikerin. Die Umstellung des Schulsystems sei zwar zu Beginn teurer, aber langfristig sei es kostengünstiger, wenn man keine getrennten Schulen für körperbehinderte, lernbehinderte, gehörlose oder blinde Kinder unterhalten müsse.