Bischofstreffen in Aparecida bestärkt Option für die Armen

Im Mittelpunkt: Die Verantwortung des Einzelnen

Die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik haben die vorrangige Option der Kirche für die Armen bestärkt. Die gegenwärtigen sozioökonomischen Bedingungen ermöglichten vielen Menschen kein würdiges Leben, sagte der honduranische Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga am Mittwochabend in Aparecida. Zugleich beklagte er eine mangelnde Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele, die unter anderem eine Halbierung der Armut bis 2015 vorsehen. Vor diesem Hintergrund gelte es, die schon früher von der Kirche formulierte Option zu bekräftigen.

 (DR)

Rodriguez äußerte sich nach der Annahme des Schlussdokuments der Bischofsvollversammlung, die seit Mitte Mai im brasilianischen Marienwallfahrtsort Aparecida tagt. Das Papier lag am Mittwochabend (Ortszeit) noch nicht vor. In früheren Versionen des Schlussdokuments zeichneten sich als neue Akzente eine Betonung der Wertschätzung der Rolle der Frau in Kirche und Gesellschaft sowie das Thema Umweltschutz ab.

Starke Ausrichtung auf jeden Einzelnen
Im Unterschied zu früheren Konferenzen liegt der Schwerpunkt des Dokuments von Aparecida auf seelsorgerischen Handlungsvorschlägen sowie einer stärkeren Ausrichtung auf jeden einzelnen Christen. So wird jeder in die Verantwortung genommen, seinen Glauben in der Welt zu leben und zu verbreiten. Glaube und Handeln müssten übereinstimmen.

Darüber hinaus tragen die Bischöfe, wo sie bereits früher behandelte Herausforderungen thematisieren, veränderten Umständen und neuen Aktualitäten Rechnung. Das gilt etwa für die Themen indigene Völker, Menschenrechte, Verteidigung des Lebens von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Ende oder urbane Gesellschaft.

Eine Zusammenfassung des Dokuments nennt als Ziel, einen neuen Impuls für die christliche Verkündigung durch alle Mitglieder der Kirche zu geben. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, müssten alle Christen im Glauben gestärkt werden. Die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik stellen das Papier explizit in die Nachfolge der vier vorangegangenen Generalkonferenzen in Rio de Janeiro (1955), Medellin (1968), Puebla (1979) und Santo Domingo (1992).

Vom Bischof bis zum Laien
Methodisch verfährt es nach dem Dreischritt Sehen, Urteilen, Handeln und gliedert sich in drei Hauptteile. Der erste Teil betrachtet unter dem Titel "Das Leben unserer Völker" die gesellschaftliche und kirchliche Wirklichkeit. Dabei benennen die Bischöfe etliche Herausforderungen wie etwa die Globalisierung, strukturelle Ungerechtigkeit und eine Krise in der Weitergabe des Glaubens.

Darauf folgt eine theologische Grundlegung, die "Das Leben Jesu Christi in den missionarischen Jüngern" betrachtet. Dahinter verbirgt sich ein Aufruf zur Nachfolge Jesu an die verschiedenen Mitglieder der Kirche vom Bischof bis zum Laien. Am umfangreichsten ist der dritte Abschnitt, überschrieben mit: "Das Leben Jesu Christi für unsere Völker".

Rund die Hälfte des Papiers widmet sich seelsorgerischen Aufgabenbereichen und konkreten Handlungsfeldern. Dazu gehören unter anderem die vorrangige Option für die Armen, Familie, Jugend, Kinder, Männer und Frauen. Zudem mahnen die Bischöfe eine Evangelisierung der Kultur an, verstanden als eine Durchdringung aller Bereiche der Gesellschaft mit den Werten des Evangeliums. Dazu zählen sie etwa die Präsenz von Laien-Christen im öffentlichen Leben sowie in wirtschaftlichen und politischen Schlüsselpositionen.

Kirche fordert von G-8-Staaten Solidarität mit den Armen
Vor dem G-8-Gipfel von Heiligendamm hat die katholische Kirche Lateinamerikas die führenden Wirtschaftsnationen der Welt zu einer gerechteren Politik aufgerufen. Die Menschen Lateinamerikas litten weiter unter den ungerechten Wirtschaftsbeziehungen zwischen armen und reichen Staaten, heißt es in einem am Mittwochabend in Aparecida veröffentlichten Appell der Bischöfe des Kontinents. Ihre dreiwöchige Vollversammlung ging am Donnerstag im brasilianischen Aparecida zu Ende.

Die Kirchenführer riefen die ab Mittwoch in Deutschland tagenden Staats- und Regierungschefs auf, "die Weltwirtschaft auf den Pfad einer menschlichen, ökologisch-nachhaltigen Entwicklung zu führen, die auf Gerechtigkeit, Solidarität und dem Globalen Gemeinwohl beruht". Eine der derzeit drängendsten Aufgaben sei es, die extreme Armut weltweit bis zum Jahr 2015 zu beseitigen.

Die Bischöfe bezogen sich damit auf die so genannten Millenniumsziele, in denen die internationale Staatengemeinschaft unter anderem zugesagt hat, bis 2015 die weltweite Armut zu halbieren, allen Menschen Zugang zu Bildung, Nahrung, Gesundheitsversorgung und sauberem Trinkwasser zu gewähren und Aids weiter zu bekämpfen. Der Bischofsappell folgte einer Initiative der deutschen katholischen Hilfswerke Misereor und Adveniat.