Angela Merkel schließt Steuersenkungen auf Jahre aus

Verteilungskampf um Steuermilliarden

Im Ringen um die Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Steuersenkungen auf Jahre ausgeschlossen. "Solange wir nicht einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, kann es keine zusätzlichen Steuersenkungen geben", sagte Merkel. Auch für Mehrausgaben gebe es kaum Spielraum. Dennoch wird die Liste neuer Begehrlichkeiten immer länger.

 (DR)

"Nicht mehr als zwei Milliarden Euro für Zusatzausgaben"
Merkel unterstützte am Sonntag Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) in seinem Vorhaben, bis zum Jahr 2011 einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Dies sei "wünschenswert, wenn die gute wirtschaftliche Entwicklung anhält". Gleichzeitig müssten die Lohnzusatzkosten unter 40 Prozent begrenzt werden. Für Zusatzausgaben stehen im Haushalt laut der CDU-Chefin "nicht mehr als etwa zwei Milliarden Euro" zur Verfügung. Als Schwerpunkte nannte sie außer dem Ausbau der Kinderbetreuung die Forschung, den Steuerzuschuss zur Krankenversicherung und die Unternehmenssteuerreform.

Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck möchte die Steuermehreinnahmen hauptsächlich zur Haushaltskonsolidierung verwenden. "Im Vordergrund steht nach wie vor die Sanierung der Staatsfinanzen", betonte er.  Die Steuerschätzer hatten dem Staat am Freitag für die Jahre 2007 bis 2011 Mehreinnahmen von knapp 180 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, davon 87 Milliarden für den Bund. Allein im April stiegen die Steuereinnahmen laut  Handelsblatt« (Montagausgabe) gegenüber dem Vorjahresmonat um 15,3 Prozent.

Oettinger: Geld für Autobahnen und Schienen
Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) dringt unterdessen auf Investitionen zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. "Wir müssen eine Milliarde mehr für die Schiene und eine Milliarde mehr für Autobahnen ausgeben", sagte Oettinger. Deutschland brauche breitere Autobahnen, sonst drohe das Land im Stau zu ersticken. Ziel müsse nun sein zu sparen und zu investieren - "in dieser Reihenfolge".

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) begrüßte den Konsolidierungskurs, will zusätzliche Spielräume jedoch für die steuerliche Entlastung vor allem für Familien nutzen. "Steuersenkungen und die Konsolidierung lassen sich in Einklang bringen", sagte Huber.

FDP-Chef Guido Westerwelle forderte die Bundesregierung auf, die positive Konjunkturentwicklung für eine umfassende Steuerreform zu nutzen. "Wenn jetzt die Steuerstrukturreformen nicht gemacht werden, dann wird uns die nächste Konjunkturkrise doppelt hart treffen", warnte er.

Lafontaine: Geld für Durchschnittsverdiener
Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine sprach sich dafür aus, mit den Steuermehreinnahmen Durchschnittsverdienern sowie kleine und mittlere Betrieben zu entlasten. "Im Einkommenssteuertarif gibt es hier eine große Ungerechtigkeit", sagte Lafontaine.

Dagegen warnte der "Wirtschaftsweise" Peter Bofinger eindringlich vor Steuersenkungen. Deutschland habe schon jetzt zu wenig Geld für Investitionen. Allein in der Bildung fehlten bis zu 30 Milliarden Euro, um zum europäischen Durchschnitt aufzuschließen. "Wenn wir den Staat nur als Räuber sehen, dem wir möglichst wenig Mittel geben, verspielen wir unsere Zukunft", mahnte das Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung.

Der Bund der Steuerzahler forderte Steinbrück unterdessen auf, bei den Haushaltsberatungen keine Zugeständnisse zu machen. Dass derzeit so viele Begehrlichkeiten angemeldet würden, sei "unerträglich", kritisierte Bundesgeschäftsführer Reiner Holznagel. Die Zusatzwünsche der Bundesministerien summieren sich laut Steinbrück auf 30 Milliarden Euro.