"Das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen" - Das Waffenrecht in den USA und in Deutschland

Hintergrund:

Nach dem folgenschwersten Amoklauf in der Geschichte der USA ist eine Reaktion voraussehbar gewesen: Der Ruf nach einer Verschärfung der Waffengesetze - in den Vereinigten Staaten wie in Deutschland.

 (DR)

Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin erklärte am Dienstag in Berlin, offensichtlich würden solche Verbrechen in den USA "durch die leichte Verfügbarkeit von Schusswaffen enorm begünstigt". Der "Zugang zum Mordinstrument Kleinwaffe" müsse deshalb weltweit erschwert werden. Bei den Verhandlungen über eine wirksame UN-Konvention zur Kontrolle von Kleinwaffen müssten deshalb dringend Fortschritte erzielt werden. Die "Blockade der USA" gegen eine solche Konvention müsse fallen.

US-Waffenlobby zu mächtig
In den USA ist die Waffenlobby jedoch so mächtig, dass die Demokratische Partei seit Jahren mit ihrem Versuch scheitert, flächendeckend wirksame Waffenkontrollen zu erreichen. Die Waffenlobby beruft sich dabei auf den zweiten Zusatzartikel zur US-Verfassung. Darin heißt es: "Da eine gut ausgebildete Miliz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden." US-Präsident George W. Bush hat kurz nach dem Amoklauf von Blacksburg deutlich gemacht, dass er ein Verfechter dieser Auffassung ist.

Deutsche Amokläufer kommen illegal an Waffen
Nach Angaben des Waffenrechtsexperten der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Deutschland, Wolfgang Dicke, ist die Situation in den USA aber differenziert zu betrachten. Je nach Bundesstaat reiche die Spannweite von einem "Waffenerwerb mit Mindestalter" bis hin zu einem Totalverbot des Tragens von Waffen für Bürger. In Deutschland dagegen gebe es nur drei Gruppen von Personen, die legal Zugang zu Waffen bekämen: "Sportschützen, Jäger und Waffensammler." Amokläufer kämen in der Regel illegal an Waffen.

Der bayerische GdP-Landesvorsitzende Harald Schneider betonte am Dienstag auf ddp-Anfrage: "Deutschland hat eines der schärfsten Waffengesetze in Europa." Dennoch sehe die Polizeigewerkschaft noch Mängel: "Wir fordern ein zentrales Melderegister, damit wir wissen, wie viel Waffen überhaupt unterwegs sind", sagte Schneider. Derzeit seien schätzungsweise zehn Millionen Schusswaffen privat legal in Deutschland verfügbar.

Am 1. April 2003 trat in Deutschland ein neues Waffenrecht in Kraft, das festschreibt, wann Waffenbesitzkarten erteilt werden dürfen. Demnach müssen Antragsteller ihre Zuverlässigkeit glaubhaft machen und ihre persönliche Eignung sowie Sachkunde nachweisen. Bei Zweifeln an der geistigen Gesundheit der Antragsteller wird ein fachpsychologisches Gutachten angefordert. Vorbestrafte erhalten keine Waffen.

Schneider hält zwar die Zuverlässigkeitsprüfung für ausreichend. Er kritisiert aber, dass immer noch keine einheitliche Verwaltungsvorschrift existiert, die den Behörden in den Kommunen Vorgaben für die Prüfung von Anträgen auf Waffenbesitz macht. Ein entsprechender Entwurf sei noch nicht von der Bundesregierung in Kraft gesetzt. Das sei "ein Armutszeugnis", sagte Schneider mit Blick auf das Schulmassaker von Erfurt vor fünf Jahren. Da die Verwaltungsvorschrift offenbar nicht zu Stande komme, werde "derzeit an einer Novellierung des Waffengesetzes gearbeitet".

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) forderte erst im Dezember 2006: "Die Waffengesetze gehören auf den Prüfstand." Er kritisierte, dass Online-Anbieter nach derzeitiger Gesetzeslage nicht dazu gezwungen werden könnten, die Identität des Käufers sowie die zum Kauf erforderlichen Lizenzen zu prüfen. Dies sei eine Sicherheitslücke.

Von ddp-Korrespondent Norbert Demuth