Holocaust-Gedenktag in Israel - Nuntius nahm am Sonntag doch an Holocaust-Gedenkfeier teil

Überraschende Kehrtwende

Angespannt war die Stimmung zwischen Israel und dem Vatikan in den vergangenen Tagen. Der apostolische Nuntius in Israel, Monseigneur Antonio Franco, hatte angekündigt, nicht an einer jährlichen Gedenkfeier in Jad Vaschem am Sonntagabend teilnehmen zu wollen. Am Sonntag kam dann doch alles anders

 (DR)

Der Vatikan-Botschafter in Israel hat nun doch an der Holocaust-Gedenkfeier des israelischen Staates am Sonntagabend teilgenommen.

Der Erzbischof hatte vor wenigen Tagen seine Teilnahme abgesagt. Zur Begründung betonte er, er wolle seinem "Unwohlsein über die verkürzte und damit verfälschte Darstellung von Papst Pius XII." im Museum der Jerusalemer Gedenkstätte Ausdruck verleihen. Seine "schmerzhafte" Absage bedeute aber keinesfalls mangelnden Respekt gegenüber den Opfern der Schoah, so Franco am Donnerstag.

Ein Brief aus Jad Vaschem
Damit hatte der Nuntius in Israel Empörung hervorgerufen. Noch am Sonntag äußerte der Direktor von Jad Vaschem, Avner Schalev, in einem offenen Brief an den Nuntius sein "Bedauern" darüber aus, dass Franco von der Gedenkfeier fernbleiben wolle. Schalev zitierte in seinem Brief auch Papst Johannes Paul II., der Jad Vaschem im Jahr 2000 besucht hatte.

Ein Schreiben des Nuntius an Schalev vom 3. April war nicht veröffentlicht worden. Beobachter vermuten, dass das öffentliche "Bedauern" des Direktors der Gedenkstätte dazu diente, eine diplomatische Krise zwischen Israel und dem Vatikan abzuwenden.

Israel gedenkt jährlich am 16. April des Holocausts. Pius XII.
hatte die Judendeportation 1943 mit diplomatischen Mitteln zu verhindern und einzugrenzen versucht. Die Frage, was ein öffentlicher Protest gegen die nationalsozialistische Judenvernichtung bewirkt hätte, beantworten Historiker unterschiedlich. Einige werfen Pius XII. vor, zu wenig gegen den Nationalsozialismus protestiert zu haben. In Jad Vaschem weist eine Schautafel mit dem Foto des Papstes auf Kontroversen in der Bewertung seiner Politik hin. Diese Darstellung hält Franco für einseitig.