Ost-West-Streit um Kinderkrippen-Finanzierung - Wohlfahrtsverband: Ausbau nicht über Familie finanzieren

Wer bekommt wieviel Geld?

Nach der Einigung von Bund, Ländern und Gemeinden über die Schaffung zusätzlicher Kinderbetreuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige geht der Streit über die Finanzierung der Krippenplätze weiter. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung: Wieviel Geld fließt wohin? Für den Paritätischen Wohlfahrtsverband steht fest: Die Familienförderung darf nicht angetastet werden.

 (DR)

Studie zur Familienförderung: 38,6 statt 184 Milliarden
Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat vor einer Finanzierung des Krippenausbaus durch Umschichtungen bei der Familienförderung gewarnt. Ein Einfrieren oder Kürzen des Kindergeldes zu Gunsten von mehr Kitas wäre "ein Schlag gegen die Familie", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer Studie zu Familienleistungen.

Nach dieser Untersuchung beträgt die Familienförderung insgesamt nicht 184 Milliarden Euro, wie die Bundesregierung behauptet, sondern nur 38,6 Milliarden.

Schneider sprach bei der in Rede stehenden Summe von 184 Milliarden Euro von einer "familienpolitischen Mogelpackung". Nach der Studie des Verbands kommt ein Drittel der Summe aus Geldern zusammen, die zwar auch in Familien einflössen, aber nicht an das Vorhandensein von Kindern geknüpft seien. Das gelte etwa für das Ehegattensplitting oder die steuerliche Absetzbarkeit von Haushaltshilfen.

Althaus: Wie das gehen kann, weiß ich im Moment nicht
Nach Ansicht des bayerischen CSU-Fraktionschefs Joachim Herrmann sollten Finanzhilfen des Bundes für mehr Kinderkrippen insbesondere den alten Ländern zugute kommen. Dagegen sagte Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU), es könne "nicht sein, dass die Defizite in der Kinderbetreuung im Westen aus Bundesgeld finanziert werden und die neuen Bundesländer bekommen nichts ab".

Vielmehr müssten auch die neuen Länder daran entsprechend partizipieren, mahnte der Erfurter Regierungschef. Schließlich dürften sie nicht deswegen benachteiligt werden, weil bei ihnen die Betreuungsinfrastruktur bereits aufgebaut sei.

Althaus wandte sich zugleich dagegen, für zusätzliche Finanzhilfen des Bundes beim Ausbau der Kinderbetreuungsangebote andere familienpolitische Leistungen einzusetzen. Vielmehr müssten dafür neue Mittel zur Verfügung gestellt werden. "Wie das gehen kann, weiß ich im Moment nicht", räumte Althaus ein.

Hermann: Höhere Versorgungsquote im Osten
Herrmann betonte, in Bayern schreite der Ausbau der Kinderkrippen "aus eigener Kraft zügig voran". Wenn der Bund sich aber bei diesem Thema engagiere, dann müsse das Geld "logischer Weise dorthin fließen, wo es stärker notwendig ist - also nach Westdeutschland". Man müsse "ganz nüchtern" berücksichtigen, dass der Osten bei den Kinderkrippen eine höhere Versorgungsquote habe.

Althaus forderte zudem, den Bedarf an Krippenplätzen noch einmal zu überprüfen. "Ich denke, das Ziel von 250 000 bis zum Jahr 2010 und dann möglicherweise noch 100 000 mehr würde auch ausreichen", sagte der CDU-Politiker.

Bund, Länder und Kommunen hatten sich am Montag in Berlin darauf verständigt, bis 2013 für jedes dritte Kleinkind ein Betreuungsangebot zu schaffen. Damit soll die Zahl der Krippenplätze auf 750 000 steigen. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) will sich dafür einsetzen, dass dafür auch Bundesmittel bereitgestellt werden.

Ude rechnet mit "Milliardenbetrag"
Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindetages, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), erwartet, dass sich der Bund mit einem "Milliardenbetrag" am Ausbau der Kinderbetreuung bis 2013 beteiligt. Obwohl der "Krippengipfel" bei von der Leyen nicht die Verbindlichkeit eines Koalitions- oder Kabinettsbeschlusses habe, sei klar, dass sich der Bund an den Kosten des Ausbaus der Kinderbetreuung beteiligen werde, sagte Ude.

Er äußerte darüber hinaus die Erwartung, dass sich der Bund auch später an den laufenden Betriebskosten beteiligen werde. "Ich denke, der Bund muss anerkennen, dass er einen dauerhaften Anteil an dieser Aufgabe hat. Daraus kann er sich nicht zurückziehen", unterstrich der SPD-Politiker.