Bildungsverband bewertet Debatte um Rütli-Schule positiv

Das erste Jahr nach dem Brandbrief

Ein Jahr nach der Veröffentlichung eines Brandbriefs durch Lehrer der Berliner Rütli-Schule hat der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Ludwig Eckinger, die positiven Auswirkungen der Debatte hervorgehoben. Es sei erkannt worden, dass an allen Schulen ein Minimum an Sozialarbeit notwendig sei und nicht nur an Brennpunktschulen, sagte Eckinger am Freitag im Deutschlandradio Kultur. Dies bedeute einen "kleinen Fortschritt".

 (DR)

Anspruch und Realität klafften bislang noch weit auseinander
Auch sei deutlich geworden, dass "wir als Pädagogen erhebliche Unterstützung brauchen". Das diskutierte Modell einer Ganztagsschule, in der die Schüler gleichermaßen von Lehrern wie auch Sozialarbeitern betreut würden, sei ein guter Ansatz, fügte Eckinger hinzu. Allerdings mangele es hier noch an einem Gesamtkonzept. "Wenn wir die Ganztagsschule bekommen sollen, dann muss auch Ganztagsschule drin sein." Anspruch und Realität klafften bislang noch weit auseinander.

Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), machte sich nachdrücklich für Veränderungen am Schulsystem stark. Buschkowsky sagte im RBB-Inforadio, die Atmosphäre an der Rütli-Schule sei zwar heute völlig anders. Er plädiere jedoch für die Abschaffung der Hauptschule, die keine Perspektive habe, da sie "am Ende eines Selektionsprozesses" stehe. Deshalb sei eine "maximal zweistufige Form, eine Gesamtschule" notwendig.

Die Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln war durch einen Hilferuf des Lehrerkollegiums in die Schlagzeilen geraten. In einem Brief hatten sich die Pädagogen Ende März 2006 über die unhaltbaren Zustände an ihrer Hauptschule beklagt, an der mehr als 80 Prozent der Schüler nichtdeutscher Herkunft sind, und sogar eine Auflösung der Einrichtung angeregt. Der Appell löste eine bundesweite Debatte über die Bildungs- und Integrationspolitik aus. Inzwischen hat die Schule einen neuen Leiter. Die Lage soll sich deutlich entspannt haben.