Ethiker warnen vor drastischem Vertrauensschwund in Manager

Nur Lug, Trug und Absahnen in deutschen Chefetagen?

Mit Blick auf den Skandal bei Siemens und Managergehälter warnt der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft (EVW) vor einem drastischen Vertrauensverlust der Bevölkerung in Unternehmen und Manager. Moralische Standards würden zunehmend verletzt; Korruption, Bestechung von Betriebsräten und unmoralisches Handeln griffen um sich, erklärte der Verband am Mittwoch in Frankfurt. Die Vorbildfunktion und Glaubwürdigkeit der Topmanager gerate unter Druck.

 (DR)

Der Verband, der 2003 unter anderen vom Jesuiten und Unternehmensberater Rupert Lay gegründet wurde, forderte eine Auswahl von Managern auch nach sozialen und ethischen Qualifikationen. Nur fachliches Können reiche nicht aus.
Führungskräfte müssten auch ein Vertrauensklima herstellen und Werte vorleben können.

"Was zunehmend Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass die ethischen Normen offensichtlich bis in die Vorstandsetage hinein nicht gelebt werden", so der EVW. Konkret schlägt der Verband die Ernennung von Ethikbeauftragten und die Entwicklung von ethischen Unternehmensstandards vor. "Es muss innerhalb der Unternehmen eine Vorstandszuständigkeit für Ethik geben." Großunternehmen wie Siemens hätten eine Vorbildfunktion. Dazu reiche es nicht, Managergehälter zu veröffentlichen oder den Umgang mit Aktionären zu regeln.

Am Dienstag war erstmals in der Siemens-Affäre ein amtierendes Zentralvorstandsmitglied verhaftet worden. Gegen Siemens-Europachef Johannes Feldmayer wird von der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue ermittelt.

Commerzbank-Chef Müller bekommt ein Drittel des Ackermann-Gehalts

Passend zur Diskussion um korrupte Manager wurden am Mittwoch die Gehälter der Spitzenkräfte einiger deutscher DAX-Unternehmen bekannt. Der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, hat im vergangenen Jahr z.B. rund 43 Prozent mehr verdient als 2005. Müllers Vergütung lag bei knapp 4,5 Millionen Euro, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Geschäftsbericht hervorgeht. 2005 hatte Müller noch 3,1 Millionen Euro verdient. Trotz der Gehaltserhöhung verdient der Commerzbank-Chef nur etwa ein Drittel dessen, was Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bekommt. Der Schweizer hat im vergangenen Jahr rund 13,2 Millionen Euro von der Deutschen Bank bekommen.

Der gesamte Vorstand der Commerzbank verdiente vergangenes Jahr mehr als 23,6 Millionen Euro. Das sind rund 50 Prozent mehr als die rund 15,7 Millionen Euro im Jahr 2005. Im vergangenen Jahr hatte die zweitgrößte deutsche Bank ihren Überschuss um 35 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro gesteigert und damit nach eigenen Angaben ein Rekordniveau erreicht.

An der Spitze der Gehälter-Liga stehen zudem Linde-Chef Wolfgang Reitzle mit einem Jahreseinkommen von 7,4 Millionen Euro. Ebenfalls vorne mit dabei sind DaimlerChrysler-Manager Dieter Zetsche mit 7,2 Millionen Euro und RWE-Chef Harry Roels mit 6,9 Millionen Euro.

domradio-Themensendung zum Thema "Wie viel Ethik können sich Unternehmen heute noch leisten?"
Große Unternehmen entlassen trotz hoher Gewinne Tausende ihrer Mitarbeiter, Manager bekommen Millionengehälter trotz Misswirtschaft und Mindestlöhne werden in Frage gestellt. Haben Unternehmer überhaupt noch ein Gewissen? Die Wertebeauftragte des Bundes Deutscher Arbeitgeber und die NRW-Landesbezirksleiterin der Gewerkschaft Verdi stellen ihre ethischen Leitlinien vor. Wir fragen nach: Wer sind Deutschlands beste Arbeitgeber und warum? Welchen Weg geht heute die Manager-Ausbildung? Klicken Sie hier und hören Sie die ganze Sendung!