Gysi: Nur noch die Kirchen können Werte vermitteln

"Einzigartige Rolle"

Die großen Kirchen in Deutschland haben nach Überzeugung von Gregor Gysi eine einzigartige Rolle bei der Wertevermittlung. Derzeit seien nur noch sie in der Lage, "Werte und moralische Maßstäbe halbwegs allgemein zu formulieren", sagte der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei am Donnerstag in Berlin. Die politische Linke sei dazu derzeit nicht in der Lage. Politik allgemein und Medien seien da überfordert. Weiter lobte Gysi den solidarischen Zusammenhalt der Christen.

 (DR)

"Eine gottlose Gesellschaft wäre eine wertelose Gesellschaft"
So sei es kein Zufall, dass die beiden Kirchen den besten Armutsbericht Deutschlands vorgelegt hätten, meinte er. Deshalb sage er als jemand, der nicht religiös sei: "Eine gottlose Gesellschaft wäre eine wertelose Gesellschaft." Er äußerte sich bei der Vorstellung des Buches "Maximum. Wie der Papst Deutschland verändert" des Journalisten Martin Lohmann, das in den nächsten Tagen in den Handel kommt.

Der 59-jährige legte Wert darauf, Atheist in dem Sinne zu sein, dass er nicht an Gott glaube; jedoch bekämpfe er Glaubenshaltungen oder  überzeugungen nicht. Weiter äußerte er die Hoffnung auf Veränderungen in der kirchlichen Sexualmoral, da er sonst die Akzeptanz kirchlicher Werte gefährdet sehe.

Gysi zeigte sich enttäuscht darüber, dass Papst Benedikt XVI. bei seinem zweiten Deutschlandbesuch im August 2006 nur in Bayern gewesen sei. Er hätte sich "einen Ausflug in andere Gegenden gewünscht", meinte er. Auf Lohmanns Einwurf, dies dem Papst mitzuteilen, meinte der Linkspolitiker: "Und dann würde ich ihn gerne noch sprechen."

Lohmann: Kirche in Deutschland versättigt
Lohmann sprach von einer "unglaublich klaren, schönen, fein ziselierten Sprache", mit der Benedikt XVI. die Menschen erreiche. Seit der Papstwahl merkten die Menschen in Deutschland, dass sie zuvor ein falsches Bild von Kardinal Joseph Ratzinger gehabt hätten. Der Papst fasziniere, weil er authentisch sei.

Lohmann sagte, in Deutschland zeigten sich eine Versättigung und mangelnde Aufbruchstimmung in der verfassten Kirche. Man merke gar nicht, welcher Aufbruch mit dem Papst erfolgt sei. So zeigten sich auch neue Formen der jugendlichen Kirchlichkeit nicht mehr in den verfassten Jugendverbänden.

Der Verleger des Gütersloher Verlagshauses, Ralf Markmeier, der am Vortag im Vatikan mit Lohmann das Buch an Papst Benedikt XVI. überreicht hatte, bezeichnete den Autor als "einen der intimsten und langjährigsten Papstkenner". Auch Gysi bezeichnete das Buch als in jeder Hinsicht lesenswert. "Ob der Papst Deutschland verändert, weiß ich nicht. Aber sein Ziel muss sein, die Welt zu verändern", meinte der Linkspartei-Fraktionschef