Der Iran anders - eine Reise ins Land mit Autorin Bruni Prasske

"Küsse in der Moschee"

Land der Holocaust-Leugner, Atomstreiter und kommender Kriegsherd? Das Image des Iran ist heute so negativ wie nie. Aber ist der vorderasische Staat wirklich so? Die Schriftstellerin Bruni Prasske hat sich auf zahlreichen Reisen ihr eigenes Bild gemacht. In ihrem Roman "Küsse in der Moschee" und im domradio-Interview beschreibt sie ein Land zwischen traditionellem "Gottesstaat" und Westorientierung.

 (DR)

Bauchfreie Shirts auch außerhalb Teherans
Im Frühjahr 2006 reiste Bruni Prasske, bekannt geworden durch ihren Bestseller Mögen deine Hände niemals schmerzen, wieder in den Iran. Lange hat sie gezögert: Wird es gefährlich sein, in dieser Zeit großer politischer Spannungen als Frau allein in den Iran zu reisen? Steht sie möglicherweise auf einer schwarzen Liste, nachdem sie sich in ihrem Buch auch kritisch über das damals herrschende Regime geäußert hat? Bruni Prasske ist beklommen zumute, als sie am Teheraner Flughafen iranischen Boden betritt.

Sehr unterschiedliche Eindrücke stürmen auf die Deutsche ein. Sie hört und sieht, wie manche Freiheiten, die unter der früheren Regierung wie zarte Pflanzen zu blühen begonnen hatten, vom neuen Regime Stück für Stück wieder zurückgenommen werden. Doch andererseits lässt sich das moderne Leben auch im iranischen "Gottesstaat" nicht mehr aufhalten: In den großen Städten tragen die Frauen keineswegs ausschließlich den Tschador; auch außerhalb der Vierzehn-Millionen-Metropole Teheran entdeckt Bruni Prasske sogar bauchfreie Shirts, kurze Mäntel und schrille Sonnenbrillen.

Mariah Carey und Michael Jackson in den Wohnungen
Bruni Prasske logiert nicht im 5-Sterne-Hotel, sondern nächtigt auch in Studentenunterkünften. Hier trifft sie etwa auf die 30-jährige Maryam. Abgesehen von den Verabredungen mit Maryam reist Bruni allein durch den Iran, sucht vertraute Orte auf und begibt sich in Gegenden, die kaum ein Tourist je gesehen hat.

Wie ein Schwamm saugt sie die Eindrücke in sich auf, und registriert mit wachem Blick die Veränderungen, die seit ihrem letzten Besuch in mancherlei Hinsicht stattgefunden haben. Viele junge Männer mit langen Haaren fallen ihr auf, selbst Poster von Mariah Carey und Michael Jackson finden sich in den Wohnungen junger Leute, während draußen an den Hauswänden Hetztiraden gegen die USA angeschlagen sind.

All diese Einblicke in die persönlichen Lebensumstände der Menschen, die sie für die Zeit ihres Besuchs an ihrem Alltag, an ihren Gedanken und Sehnsüchten teilhaben lassen, schildert Bruni Prasske farbig und mitreißend. Dabei bringt sie ihre Eindrücke und Erlebnisse stets in Zusammenhang mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten.

Besondere Beziehung mit dem Iran
Bruni Prasske, geboren und aufgewachsen in Norddeutschland, studierte Interkulturelle Pädagogik und engagierte sich für Asylbewerber. Sie arbeitete als wissenschaftliche Assistentin, als Sozialarbeiterin in Flüchtlingsunterkünften und bei Einwanderungsprojekten in den USA.

Seit vielen Jahren ist sie eine neugierige Reisende. Sie schrieb bisher drei sehr erfolgreiche Sachbücher, deren Thema Menschen in fremden Kulturen sind, und arbeitet als Journalistin, u.a. für "Die Zeit". Mit dem Iran verbindet Bruni Prasske eine besondere Beziehung.