Heiner Geißler empört sich über Joachim Kardinal Meisner

Generalsekretär a.D. schilt Erzbischof

In die Kandidaten-Debatte um den Vorsitz der Christsozialen hat sich nun auch der ehemalige Generalsekretär der CSU, Heiner Geißler, eingeschaltet. In einem Interview mit n-tv ging er dabei hart mit dem Kölner Kardinal Meisner ins Gericht, der vor einigen Tagen die Eignung von Politikern für Spitzenämtern in Frage gestellt hatte, deren Privatleben sich konträr zu den öffentlich propagierten Moral- und Familienvorstellungen der CSU verhalte. Geißler meinte dazu, Jesus habe den Pharisäern gesagt: Wer von euch ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Daran solle "sich mal der Kardinal Meisner halten."

Kardinal Meisner will Kirchengemeinden reformieren (DR)
Kardinal Meisner will Kirchengemeinden reformieren / ( DR )

Moral und Politik hätten etwas miteinander zu tun, soweit es sich um das Allgemeinwohl handele. Seehofers Privatleben habe "in diesem Zusammenhang nichts zu suchen", so Geißler weiter.

Kritik an den eigenen Reihen
Auch zum aktuellen Disput um die Familienpolitik der Union und zur Kritik an den jüngsten Vorschlägen von Familienministerin von der Leyen äußerte sich der ehemalige Generalsekretär: „Innerhalb der Union gibt es immer noch eine Minderheit von ultrakonservativen Leuten, die an einem Familienbild festhalten, das mit Realität überhaupt nichts mehr zu tun hat. Natürlich ist es das Allerbeste, wenn Kinder die ersten drei Jahre zuhause sein können, aber die Realität hat sich verändert. Immer öfter müssen beide Familienteile arbeiten, weil das Familieneinkommen sonst nicht ausreicht. Es ist im Höchstmaß unglaubwürdig, wenn ausgerechnet die Politiker in meiner eigenen Partei, die Lohnkürzungen und Lohndumping für richtig halten, sich dann darüber mokieren, dass Frauen und Männer gleichzeitig arbeiten, weil sie mit diesen Löhnen nicht um die Runden kommen."

Meisner: "Wie weit sind wir eigentlich gekommen?"
Meisner hatte in der vorigen Woche zu der angeblichen Affäre Seehofers gesagt: "Wenn es stimmt, muss man fragen: Wie will er denn Vorsitzender einer christlichen Partei werden?" Der Kardinal fügte hinzu: "Wie weit sind wir eigentlich gekommen?" Der Kölner Kardinal fordert seit jeher, dass gerade die Politiker jener Parteien, die das C in Namen führen, christliche Positionen sowohl im Programm führen als auch im täglichen Handeln vertreten sollten.

Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, Georg Fahrenschon, hatte dem entgegnet, es sei "nicht Aufgabe einer Amtskirche, sich in Personalentscheidungen einzumischen". Mahnende Worte kamen auch vom Vorsitzenden des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Helmut Mangold. Er sagte: "Die in die öffentliche Diskussion geratene persönliche Lebensführung eines Politikers ist zunächst seine persönliche Angelegenheit." Hier habe sich die Öffentlichkeit nicht einzumischen. Mangold fügte allerdings hinzu, Politiker würden in der Öffentlichkeit auch nach ihrer persönlichen Lebensführung beurteilt. Deshalb müssten sie sich bewusst sein, "dass davon auch ihre Glaubwürdigkeit abhängt".

Die CSU-Politikerin Barbara Lanzinger vom Landesvorstand der Frauen-Union sagte, sie verurteile das Privatleben von Seehofer zwar nicht - "aber die Wähler dürfen von einem CSU-Chef erwarten, dass Reden, Denken und Handeln übereinstimmen". Lanzinger fügte hinzu: "Eine Debatte darüber muss auch in der derzeitigen Diskussion um den Parteivorsitz zulässig sein."

Grüne: "moralinsaures Gegeifere"
Mit scharfer Kritik hatten die Grünen auf die kritische Stellungnahme Meisners reagiert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck, sprach von "moralinsaurem und selbstgerechtem Gegeifere". Der Kardinal mache die Entscheidung über den CSU-Vorsitz auch zu einer "Entscheidung über eine Sexualmoral des 19. Jahrhunderts". Wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle, die in der katholischen Kirche "verdammt" würden, hätten in der Verfassung die gleichen Rechte und die gleiche Würde wie alle Menschen.