Bielefelder Gemeinde will Kirchturm zu touristischer Attraktion ausbauen lassen - "Keine Sensationsarchitektur"

Gläserne Plattform in luftiger Höhe

Ein ungewöhnliches Bauvorhaben soll demnächst neue Ausblicke auf Bielefeld möglich machen. In einem bundesweit einmaligen Projekt will Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher eine rund um den Kirchenturm der Nicolaikirche laufende Aussichtsplattform errichten lassen. Die Baukosten in sechsstelliger Euro-Höhe will eine Privatspenderin übernehmen.

 (DR)

"Wir wollen hier keine Sensationsarchitektur schaffen"
Aus rund 35 Meter Höhe sollen die Besucher auf die Bielefelder Innenstadt schauen können. Nach oben befördert werden sollen sie durch einen gläsernen Fahrstuhl sowie eine Besucherbrücke. "Wir wollen hier keine Sensationsarchitektur schaffen, sondern ein zusätzliches Angebot machen", erklärt Piepenbrink-Rademacher. Auf die Idee mit der Aussichtsplattform sei er gekommen, weil er in fremden Städten selbst gerne auf Kirchtürme geht und von oben herunterschaut, berichtet er.

In Zeiten sinkender Mitgliederzahlen ist die Aussichtsplattform aber auch eine gute Möglichkeit, dass Kirche sich wieder stärker für die Bürger öffnet. "Da könnte die Fahrt auf den Kirchturm zum Beispiel im Rahmen der Stadtführung angeboten werden", erklärt Piepenbrink-Rademacher.

Zwei Euro würde die Fahrt nach oben kosten. Mit bis zu 20 000 bis 25 000 Besuchern pro Jahr werde - nach konservativer Schätzung - gerechnet, erklärt der Bielefelder Pfarrer. Ein fünfstelliger Euro-Betrag könnte so zusammen kommen. Kein Kleckerbetrag in Zeiten der allgemeinen Finanzprobleme in den Gemeinden.

Bielefeld diskutiert heftig
Für die Umsetzung der Baupläne wurde der Verler Architekt Michael Clarfeld gewonnen - nachdem zwei andere Architekten die Anfragen Piepenbrink-Rademachers abgeschmettert hatten. Bei der Oberen Denkmalbehörde in Münster habe man angekündigt, die Pläne zumindest dulden zu wollen. Auch die zuständige Bezirksvertretung Mitte sowie der Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss (Usta) haben nach Angaben von Piepenbrink-Rademacher ein überwiegend positives Votum abgegeben.

Nicht gelegen kommt Piepenbrink-Rademacher allerdings, dass in Bielefeld mittlerweile eine heftige Diskussion darüber ausgebrochen ist, inwieweit die Innenstadt-Kirche zu einem Aussichtspunkt ausgebaut werden darf. Besonders Vertreter aus dem Beirat für Stadtgestaltung hatten die Pläne kritisiert, auch von Seiten einiger Architekten kommt Kritik. Zudem fühlt sich der Pfarrer von einigen Medien mittlerweile fast schon wie ein "Kirchenschänder" dargestellt.

Aussichtsplattform kann schon im Frühjahr 2008 eröffnet werden
Die Kirchenbaukommission der evangelischen Landeskirche von Westfalen sieht die Pläne mit gelinder Skepsis. So müssten nach Ansicht des Gremiums bei solch gravierenden architektonischen Eingriffe auch andere Optionen geprüft werden. Deshalb sei ein Wettbewerb sinnvoll. Zudem sei bislang nicht deutlich geworden, ob und wie die touristische Attraktion in das Gemeindeleben integriert werden soll.

Bei der Stadtverwaltung wartet man derzeit noch auf den Bauantrag. Sobald der vorliegt, würden die Bezirksvertretung, der Usta und der Beirat für Stadtentwicklung darüber entscheiden, erklärte eine Sprecherin. Zudem müsste auch noch einmal der Denkmalschutz gehört werden.
Die Zeit für das Projekt drängt - verlangt die private Spenderin doch, dass bis Ende März feststeht, ob das Vorhaben klappt. Gelingt dies, könnte die Aussichtsplattform schon im Frühjahr 2008 eröffnet werden.