Kritik kommt aus den Ländern

KFZ-Steuer soll ökologischer werden

Die Kritik an der geplanten Kfz-Steuerreform wird immer lauter. Vor allem die Bundesländer äußerten am Dienstag Bedenken gegen eine Umstellung der Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer vom Hubraum auf den Schadstoffausstoß. Die Verkehrsexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, sagte, die von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) versprochene kostenneutrale Umstellung sei kaum möglich. Der Bund der Steuerzahler warnte vor zusätzlichen Belastungen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) forderte ein Verbot von Autos mit hohem Spritverbrauch. Nach einem Zeitungsbericht gibt es verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Pläne.

 (DR)

Der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Matthias Machnig, hat die geplante Kfz-Steuerreform verteidigt. Bei der Umstellung der Berechnung der Steuer vom Hubraum auf den Schadstoffausstoß werde der Staat insgesamt nicht mehr von den Bürgern verlangen als bisher, sagte Machnig am Dienstag im ARD - "Morgenmagazin" in Brüssel. Im Gespräch sei zudem, eine Grenze zu ziehen und erst Pkw ab der Euroklasse 3 in die neue Steuer einzubeziehen. Die älteren Fahrzeuge würden dann wie bisher besteuert.

Machnig betonte, dass die Reform der Kfz-Steuer im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei. Zum 1. Januar 2008 solle eine neue gesetzliche Regelung gefunden werden, die auch sozial verträglich sei. Zu dem von den Grünen geforderten Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn zeigte er sich skeptisch. Ob das der Königsweg sei, sei fraglich. Er halte die neue Kfz-Steuer für wirksamer.

Die Umweltminister der Europäischen Union wollten am Dienstag in Brüssel über den Klimaschutz nach Ablauf des Kyoto-Abkommens 2012 beraten. Die EU-Kommission strebt an, bis 2020 die CO2-Emissionen um 30 Prozent zu senken.

Reaktionen
Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sagte, eine Umstellung der Kfz-Steuer auf den Kohlendioxidausstoß sei nicht durchdacht und gehe am Thema Klimaschutz vorbei. "Wer mehr Klimaschutz beim Autofahren will, könnte ja die Mineralölsteuer erhöhen", betonte er.

Der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) sprach von einem politischen Schellschuss. Bisher habe Tiefensee nur allgemeine Vorschläge unterbreitet, die eine inhaltliche Bewertung nicht zuließen. "In keinem Fall darf es am Ende zu Steuerausfällen für die Länder kommen", forderte Möllring.

Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) sagte, möglicherweise sei es sinnvoller, der Industrie Schadstoffgrenzen ab einem bestimmten Zeitpunkt vorzuschreiben als Anreize kompliziert im Steuerrecht zu verankern.

Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD) sagte, durch den geplanten Wechsel gebe es nur eine marginale Änderung bei der Besteuerung. Es müsse aber darum gehen, den Verbrauch insgesamt zu senken.

Die Schweriner Finanzministerin Sigrid Keler (SPD) sagte, so lange die Folgen der Änderungen nicht absehbar seien, müsse man mit einer Beurteilung vorsichtig sein.

Der hessische Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) erklärte, er fürchte Einnahmeverluste.

Der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Otto Bernhard (CDU), erinnerte hingegen daran, dass der Vorschlag Tiefensees den Verabredungen aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD entspreche.

Kemfert erklärte, wenn mit der neuen Kfz-Steuer ein Anreiz geschaffen werden solle, auf kohlendioxidarme Fahrzeuge umzusteigen, müsse es Mehrbelastungen für diejenigen geben, die weiter Autos mit hohen Schadstoffemissionen fahren. Nur wenn Fahrer von umweltbelastenden Wagen stärker zur Kasse gebeten und im Gegenzug die Fahrer emissionsarmer Fahrzeuge entlastet würden, könne sich die gewünschte Steuerungswirkung der neuen Abgabe entfalten.

Vzbv-Energieexperte Holger Krawinkel erklärte, er halte die schadstoffbezogene Kraftfahrzeugsteuer für sozial unausgewogen. Ein Verbot von Autos mit hohem Kraftstoffverbrauch und allenfalls eine progressive Schadstoffsteuer für Neuwagen wären gerechter und effektiver.

Steuerzahlerpräsident Karl-Heinz Däke warnte, aller Erfahrung nach werde sich bald herausstellen, dass die erwartete Wirkung der neuen Besteuerung nicht eingetreten sei und deshalb umweltschädliche Fahrzeuge höher besteuert werden müssten. Das träfe dann vor allem die Fahrer kleiner und älterer Fahrzeuge, die sich kein neues Auto leisten könnten.

Die in Hannover erscheinende "Neuen Presse" (Dienstagsausgabe) berichtete, Experten des Bundesfinanzministeriums hätten verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Vorschlag geäußert, bei der Reform der Kfz-Steuer den Kohlendioxidausstoß von Autos ab der Schadstoffklasse Euro 3 zu berücksichtigen, da es für ältere Pkw keine gesicherte Datenbasis gebe. Das dürfe keine Begründung für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von älteren und neueren Fahrzeugen sein. Nun plädierten Beamte des Bundesfinanzministeriums dafür, eine am Schadstoffausstoß orientierte Kfz-Steuer ausschließlich für Neufahrzeuge einzuführen. Aber auch gegen diese Lösung gebe es verfassungsrechtliche Bedenken.

Die "Saarbrücker Zeitung" (Dienstagausgabe) schrieb, in die Umstellung sollten alle Pkw der Euroklasse 3 und besser einbezogen werden. Ältere Fahrzeuge würden wie bisher besteuert. Außerdem soll ein linearer Steuersatz je Gramm Kohlendioxid pro Kilometer definiert werden. Überdies plane die Bundesregierung, Kohlendioxid-Freibeträge einzuführen, so dass bei Fahrzeugen mit besonders niedriger Emission die Steuer entfallen werde. An der unterschiedlichen Mineralölbesteuerung von Diesel und Otto-Kraftstoffen solle festgehalten werden.