CSU und Grüne empören sich über Meisners Kritik an Seehofer

Legitimer Appell an Moral oder "moralinsaures Gegeifere"?

Die Äußerungen des Kölner Kardinals Joachim Meisner zum Privatleben von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer
(CSU) sind bei Christsozialen und Grünen auf Kritik gestoßen. Der bayerische Landtagspräsident Alois Glück sagte, es sei zwar legitim, sich zu diesem Thema zu äußern. Es sollte aber bedacht werden, dass auch das "Unvollkommene und die Brüche im Leben ein Teil des christlichen Menschenbildes" seien. Kritik an Meisner kommt auch vom Vorsitzenden des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Helmut Mangold, und dem parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der von "moralinsaurem Gegeifere" sprach während sich die Frauenunion enttäuscht von Seehofer zeigt.

Kardinal Meisner will Kirchengemeinden reformieren (DR)
Kardinal Meisner will Kirchengemeinden reformieren / ( DR )

In Machtkampf um den CSU-Vorsitz wird immer mehr das Privatleben von Bundesagrarminister Horst Seehofer thematisiert. So kamen am Donnerstag aus der Frauen-Union kritische Töne wegen der angeblichen Geliebten des CSU-Vizechefs. Seehofer selbst wandte sich derweil gegen die Darstellung, er habe seine gescheiterte erste Ehe geheim halten wollen. Dieser Teil seines Lebens sei allgemein bekannt. Nicht kommentieren wollte Seehofer die jüngsten Attacken des Kölner Kardinals Joachim Meisner. Der Berliner CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer forderte den Erzbischof dagegen indirekt zur Mäßigung auf. Er betonte, eine Partei "würde sich davor hüten, sich in Berufungsverfahren von Bischöfen oder Kardinälen einzumischen".

Meisner hatte zu der angeblichen Affäre Seehofers gesagt: "Wenn es stimmt, muss man fragen: Wie will er denn Vorsitzender einer christlichen Partei werden?" Der Kardinal fügte hinzu: "Wie weit sind wir eigentlich gekommen?"

Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, Georg Fahrenschon, entgegnete: "Die Partei und ihre Delegierten können sehr gut abwägen zwischen den Schwierigkeiten, die das Leben für jeden von uns bereithalten kann, und dem Anspruch, den jemand als Parteivorsitzender zu erfüllen hat." Es sei "nicht Aufgabe einer Amtskirche, sich in Personalentscheidungen einzumischen".

Mahnende Worte kamen auch vom Vorsitzenden des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Helmut Mangold. Er sagte: "Die in die öffentliche Diskussion geratene persönliche Lebensführung eines Politikers ist zunächst seine persönliche Angelegenheit." Hier habe sich die Öffentlichkeit nicht einzumischen. Mangold fügte allerdings hinzu, Politiker würden in der Öffentlichkeit auch nach ihrer persönlichen Lebensführung beurteilt. Deshalb müssten sie sich bewusst sein, "dass davon auch ihre Glaubwürdigkeit abhängt".

Die CSU-Politikerin Barbara Lanzinger vom Landesvorstand der Frauen-Union sagte, sie verurteile das Privatleben von Seehofer zwar nicht - "aber die Wähler dürfen von einem CSU-Chef erwarten, dass Reden, Denken und Handeln übereinstimmen". Lanzinger fügte hinzu: "Eine Debatte darüber muss auch in der derzeitigen Diskussion um den Parteivorsitz zulässig sein."


Grüne:"moralinsaures Gegeifere"
Mit scharfer Kritik haben die Grünen auf die kritische Stellungnahme Meisners reagiert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck, sprach am Mittwoch in Berlin von "moralinsaurem und selbstgerechtem Gegeifere". Beck sprach von Denunziationen, die zurückzuweisen seien. Der Kardinal mache die Entscheidung über den CSU-Vorsitz auch zu einer "Entscheidung über eine Sexualmoral des 19. Jahrhunderts". Wiederverheiratete Geschiedene und Homosexuelle, die in der katholischen Kirche "verdammt" würden, hätten in der Verfassung die gleichen Rechte und die gleiche Würde wie alle Menschen.
Kritik an Seehofer auch aus CSU-Spitze
Auch aus der CSU-Spitze wird Seehofer attackiert. Die "Passauer Neue Presse" zitierte ein namentlich nicht genanntes Mitglied des Parteivorstands mit dem Satz, für viele CSU-Wähler sei der Agrarminister "mittlerweile am Rande der Glaubwürdigkeit angelangt". Die Frage sei zunehmend, ob Seehofer noch die Werte verkörpere, für die die CSU trotz aller Liberalisierung im Grundsatzprogramm stehe.

Nach Einschätzung von CSU-Generalsekretär Markus Söder gibt es gegen die Kandidatur Seehofers mehr Widerstand als gegen die seines Konkurrenten, Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber. Der Unterschied sei, dass es in der CSU zwar nicht nur "Huber-Euphoriker" gebe, Seehofer aber echte Gegner habe.

Ramsauer betonte jedoch, für die CSU-Landesgruppe im Bundestag gebe es "keinen Favoriten". Es sei nicht die Aufgabe einer parlamentarischen Gruppierung, eine Empfehlung abzugeben.