Oberlandesgericht setzt Haftstrafe zur Bewährung aus

Brigitte Mohnhaupt kommt frei

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Strafe Mohnhaupts zur Bewährung ausgesetzt. Die Entscheidung folge gesetzlichen Vorrausetzungen und sei nicht aus Gnade erfolgt, heißt es in der Begründung des Gerichts. Den Entlassungstermin legte das Gericht auf den 27. März fest. Auch die Bundesanwaltschaft hatte im Januar eine Entlassung Mohnhaupts befürwortet.

 (DR)

Die Bewährungszeit beträgt 5 Jahre. Brigitte Mohnhaupt wird der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt. Außerdem wurden ihr Auflagen zur Meldung des Wohnsitzes und der Arbeitsstelle gemacht.

Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit gewahrt
Es handelt sich nicht um eine Entscheidung im Gnadenweg, sondern um eine an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen gebundene richterliche Entscheidung, betonte das Gericht.

In der Entscheidung wird ausgeführt: "Der Senat sieht - in Übereinstimmung mit dem Vertreter der Generalbundesanwältin und mit der Beurteilung des psychiatrischen Sachverständigen - keine Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gefährlichkeit der Verurteilten, d.h. für die Gefahr, dass sie künftig neue schwere Straftaten begehen könnte."

Politiker hatten die Entscheidung des Gerichts erwartet
Politiker von SPD und Grünen bewerteten die Entscheidung vor dem Hintergrund der Gesetzeslage als konsequent. Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) stieß der
Richterspruch dagegen auf ein geteiltes Echo.

Der SPD-Rechtsexperte Klaus-Uwe Benneter akzeptierte die Entscheidung. Mohnhaupt sei keine politische Gefangene, sondern müsse wie eine Kriminelle behandelt werden. Lebenslänglich Verurteilten stehe es zu, nach einer Mindestverbüßungsdauer auf Bewährung freizukommen. Auch der Grünen-Politiker und ehemalige RAF-Anwalt Hans-Christian Ströbele wertete die Freilassung als normalen juristischen Vorgang. Da die Bundesanwaltschaft Mohnhaupt nicht mehr als gefährlich einstufe, gebe es dazu "keine Alternative".

Da die Mindesthaftdauer in ein paar Wochen erreicht sei, werde hier ganz klar die Rechtslage angewandt, so Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Es gehe nur um die Beantwortung der Frage, ob nach der Haftentlassung noch Gefahr von der Person ausgehe. Bei Mohnhaupt gebe es keine Anzeichen dafür.

Der Fall Christian Klar liege bei einer Mindesthaftdauer bis Frühjahr 2009 hingegen anders, unterstrich Bosbach. Für eine frühere Haftentlassung des Ex-RAF-Terroristen müssten ganz gewichtige Gründe vorliegen wie Reue, eine "glasklare" Distanzierung von den Taten der RAF sowie ein Wort der Entschuldigung an die Angehörigen. Im Fall Klar liegt Bundespräsident Horst Köhler ein Gnadengesuch vor.

Gnade gehört zum Rechtssystem
Auch wer so schreckliche Taten begangen habe, müsse die Chance zur Rückkehr in die Gesellschaft haben. "Das Recht der Gnade gehört zum Rechtssystem", betonte der frühere Außen- und Justizminister Klaus Kinkel (FDP) im Deutschlandfunk.

Unbehagen bei Beckstein
Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) hat enttäuscht auf die baldige Haftentlassung der früheren RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt reagiert. "Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart, die RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt nach Verbüßung einer 24-jährigen Haft auf Bewährung zu entlassen, mag zwar rechtlich nicht zu beanstanden sein", sagte Beckstein am Montag in München. Ein "deutliches Unbehagen" lasse aber zurück, dass eine Schwerverbrecherin auf freien Fuß komme, die ihre Taten nie bereut habe.
Kritiker hatten immer wieder angeführt, dass eine Entlassung den Hinterbliebenen der Opfer nicht zu zumuten sei.

Der Vorsitzende  der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, betonte, "es bleibt ein Gefühl der Bitterkeit". Die RAF habe zehn Polizisten ermordet. Diese Morde könnten nicht vergessen werden, auch wenn der Richterspruch zu akzeptieren sei.

Mohnhaupt war im November 1982 festgenommen und im April 1985 vom Oberlandesgericht Stuttgart zu fünf Mal lebenslänglich plus 15 Jahre verurteilt worden.
Sie gehörte zu den führenden Köpfen der so genannten "zweiten Generation" der RAF. Sie war unter anderem 1977 an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto und des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer beteiligt. Das Gericht hatte 2006 die Mindestverbüßungsdauer ihrer lebenslangen Freiheitsstrafe auf 24 Jahre festgesetzt, was Ende März erreicht ist. Mohnhaupt ist in der Justizvollzugsanstalt Aichach in Bayern inhaftiert.