Wolfgang Huber nach Gesprächsabsage: "Begründung überrascht“

Muslimische Verbände lassen EKD abblitzen

Zwischen den muslimischen Spitzenverbänden und der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland gibt es heftigen Streit. Auslöser ist die im November von der EKD vorgelegte Handreichung zum Verhältnis von Christentum und Islam; sie wird von den islamischen Organisationen als Dokument der Abgrenzung gewertet. Wie am Mittwoch bekannt wurde, sagten der Islamrat, der Zentralrat der Muslime, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion sowie der Verband der Islamischen Kulturzentren ein für kommenden Dienstag geplantes Gespräch ab.

 (DR)

In dem Text hatte die EKD Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen Christen und Muslimen in Deutschland aufgezeigt und betont, die christliche Botschaft gelte auch für die in Deutschland lebenden Muslime. Der Vorsitzende des Islamrates, Ali Kizilkaya, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn, die Kirche habe ein Dokument der Abgrenzung vorgelegt und trete als "Oberlehrer" auf. Das Papier sei zwar moderat formuliert; es enthalte aber alle gängigen Vorurteile und Verallgemeinerungen gegenüber dem Islam. Es sei keine Anleitung zum Dialog, sondern eher eine Aufforderung zur Mission.

Muslime: Denkpause nötig
Notwendig sei nun eine Denkpause. Die Kirche müsse klären, wie sie sich den Dialog vorstelle. Die muslimischen Verbände seien aber weiter am christlich-islamischen Gespräch interessiert.

Zurückhaltender äußerte sich der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman A. Mazyek. Er betonte auf KNA-Anfrage, die muslimischen Spitzenverbände in Deutschland wollten am Dialog mit der evangelischen Kirche festhalten. Sie müssten aber zunächst intern festlegen, wie sie das Positionspapier mit dem Titel "Klarheit und gute Nachbarschaft" bewerten. Mazyek betonte, die Verbände würden von sich aus auf die EKD zugehen und zu einem neuen Gespräch einladen. Das Papier habe zu erheblichen Irritationen geführt und könnte zu Missverständnissen führen. Das sähen alle Verbände einhellig so. Das Berliner Treffen wäre das dritte Spitzengespräch zwischen EKD und den muslischen Verbänden nach Januar 2005 und März 2006 gewesen.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, äußerte am Mittwoch in Hannover Überraschung und Bedauern über die Absage.
Er bedauere sehr, dass der langfristig ins Auge gefasste Termin nicht zur Klärung der Fragen genutzt werden könne. "Das kann ich nur so verstehen, dass unter Ihnen selbst der Bedarf nach einer Klärung besteht, die weiteren Gesprächen mit der EKD vorausgehen soll", heißt es in einer Antwort an die Verbände.
"Klarheit und gute Nachbarschaft"

In der Handreichung "Klarheit und gute Nachbarschaft. Christen und Muslime in Deutschland" beschäftigt sich die EKD unter anderem mit dem Verhältnis des Islam zur Demokratie, zu Menschenrechten sowie mit der Möglichkeit gemeinsamer Feiern und Gebete. Dabei werden aus christlicher Sicht problematische Einstellungen und Entwicklungen auf muslimischer Seite angesprochen, etwa der Umgang mit Glaubensübertritten und die Rolle der Frau. Ein Kapitel beschreibt die "Spannungsbereiche des praktischen Zusammenlebens".