Pflegerat wirft Ärzten Vernachlässigung von Heimbewohnern vor

Ungerechte in Weiß?

Der Deutsche Pflegerat wirft Ärzten vor, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen zu vernachlässigen. "Immer häufiger beschweren sich Angehörige bei uns darüber, dass sie um einen Arztbesuch im Heim betteln müssen", sagte Marie-Luise Müller, Präsidentin des Pflegerates in der "Rheinischen Post". Es sei "menschenunwürdig und ein Verstoß gegen den hippokratischen Eid", wenn die Ärzte Senioren aus wirtschaftlichen Erwägungen im Stich ließen, kritisierte sie. Hausbesuche in Heimen werden den Medizinern nicht gesondert vergütet und gelten als unrentabel.

 (DR)

Pflegerat will Unterversorgung dokumentieren
Der Pflegerat kündigte an, eine Datenbank aufzubauen und die medizinische Unterversorgung von Heimbewohnern zu dokumentieren. Den Angaben nach leben in nordrhein-westfälischen Heimen 147.000 Pflegebedürftige. Nach einer Studie der Uni Heidelberg zur ärztlichen Versorgung in Pflegeheimen werden vor allem Hörstörungen und Zahnkrankheiten vielfach nicht behandelt. Auch gynäkologische und urologische Untersuchungen fänden so gut wie nicht statt. Demenzkranke und depressive Heimbewohner könnten in der Regel nicht mit einer adäquaten medizinischen Behandlung rechnen, so die Studie.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) mahnte gegenüber der "Rheinischen Post" die Ärzte zur Pflichterfüllung. Ein Heimbewohner habe wie jeder andere Patient auch Anspruch auf eine adäquate medizinische Versorgung. "Vertragsärzte dürfen eine Behandlung nicht mit dem Verweis auf ein übervolles Budget ablehnen."

Der Chef der kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Leonhard Hansen, verwies auf grundsätzlich sinkende Zahlen von ärztlichen Hausbesuchen. Davon seien auch die Alten- und Pflegeheime betroffen. Er verwies auf die schlechte Bezahlung dieser Leistungen. Pro Hausbesuch im Heim könnten die Ärzte eine Pauschale von weniger als zwanzig Euro abrechnen. "Für das Geld kommt kein Handwerker ins Haus."