Katholische Organisationen wollen enger zusammenarbeiten - UNICEF warnt im domradio vor Aids-Gefahr in Osteuropa

"Größte Herausforderung heutiger Generation"

Katholische Organisationen und Einrichtungen aus Westeuropa, den USA, Australien und Neuseeland wollen sich bei der Aids-Bekämpfung besser vernetzen und ihren Erfahrungsaustausch verstärken. Es gehe besonders darum, die besten Arbeitsansätze und gelungene Praxisbeispiele zu ermitteln und bekannt zu machen, sagte Andreas Wenzel von Caritas international anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember. - UN-Generalsekretär Annan hat mehr Geld für den Kampf gegen die "größte Herausforderung der heutigen Generation" gefordert. - UNICEF warnte im domradio-Interview vor nachlassender Aufmerksamkeit gegenüber der HIV-Gefahr. Vor allem in Osteuropa.

 (DR)

Neuausrichtung der Arbeit des katholischen Netzwerks
Am Donnerstag wurde der 1992 gegründete Zusammenschluss katholischer Organisationen "Aids Funding Network Group" in "Catholic HIV Aids Network" (CHAN) umbenannt. In dem Netzwerk arbeiten 23 Initiativen, darunter die nationalen Caritas-Verbände aus Deutschland, Großbritannien, Österreich, Australien und den USA mit Hilfswerken wie Renovabis, Missio und Misereor zusammen.

Hintergrund der Umbenennung ist auch eine Neuausrichtung der Arbeit des Netzwerks. Spendensammeln für Aids-Projekte spiele bei kirchlichen Organisationen eine zunehmend geringere Rolle, da ein immer größerer Teil der für die Aidsbekämpfung zur Verfügung stehenden Gelder von jährlich weltweit 9 Milliarden Dollar über große internationale Institutionen wie die UNO, die EU oder die amerikanische Regierung verteilt würden. Ziel des Netzwerks sei es deshalb, verstärkt Erfahrungen über Aids-Vorbeugung und die Betreuung von Menschen mit HIV/AIDS auszutauschen und wissenschaftliche Erkenntnisse weiterzugeben.

Die katholischen Organisationen teilen die Einschätzung, dass HIV/Aids kein rein medizinisches Problem sei, sondern ganzheitlich angegangen werden müsse. Beachtet werden müssten auch die psychologischen, spirituellen, sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der Krankheit. Die Aids-Bekämpfung sei deshalb eine Querschnittsaufgabe, die in Entwicklungsprojekte, seelsorgerliche Arbeit und humanitäre Hilfe eingebettet werden müsse.

UNICEF: Besonders in Osteuropa wächst die Aids-Gefahr
UNICEF warnt vor nachlassender Aufmerksamkeit gegenüber der HIV-Gefahr. "Der weltweit stärkste Anstieg der Neuinfektionen findet vor unserer Haustür statt", erklärte das UN-Kinderhilfswerk am Donnerstag in Köln. Anlässlich des Welt-Aids-Tages am Freitag stellte es eine neue Studie zu Straßenkindern in der Ukraine vor. Allein in diesem Jahr hätten sich 270.000 Menschen in Osteuropa und in Zentralasien mit HIV angesteckt. Das sei ein Zuwachs von fast 70 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 2004.

Fast ein Drittel der neu diagnostizierten Infektionen betreffe junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, so UNICEF. Unter Kindern und Jugendlichen, die auf der Straße lebten, werde das HI-Virus durch Drogenkonsum und sexuelle Gewalt nahezu ungebremst übertragen. Medizinische Behandlung und Aids-Tests seien für diese Risikogruppe aber kaum zugänglich. Nach Einschätzung des Hilfswerks sind mehrere hunderttausend Kinder und Jugendliche, die in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion ohne zu Hause aufwachsen, in extremer Gefahr, sich mit HIV zu infizieren.

"Geringes Wissen"
Das Beispiel Ukraine zeigt nach UNICEF-Angaben, wie schnell sich das Virus von Hochrisikogruppen in die allgemeine Bevölkerung ausbreiten kann. Der Anteil der Menschen, die sich durch heterosexuellen Kontakt neu ansteckten, stieg von 14 Prozent in 2003 auf mehr als 35 Prozent in den ersten sechs Monaten des Jahres 2006, heißt es in der Studie. Der Anteil HIV-infizierter Menschen liege mit 1,5 Prozent der ukrainischen Bevölkerung europaweit am höchsten. Schätzungsweise ein Viertel der rund 377.000 HIV-Infizierten dort seien Jugendliche unter 20 Jahre.

UNICEF zeigte sich besorgt über das geringe Wissen von Heranwachsenden über Aids. Zwei Drittel aller Jugendlichen in Entwicklungsländern hätten keine ausreichenden Informationen über Schutzmöglichkeiten. Auch in Deutschland werde es schwieriger, junge Menschen zu erreichen. Zusammen mit UNICEF ruft der frühere US-Präsident Bill Clinton am Welt-Aids-Tag in einem Fernsehspot zu höherer Wachsamkeit, Offenheit und Solidarität auf. Darin tritt er zusammen mit "Kami" auf, der HIV-positiven Figur aus der südafrikanischen Version der Sesamstraße, die über Aids aufklärt.