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Osnabrück/Hamburg (KNA) Im Streit um den in Afghanistan angeklagten Christen Abdul Rahman hat die afghanische Regierung vor einer Einmischung in innere Angelegenheiten gewarnt.

 (DR)

Osnabrück/Hamburg (KNA) Im Streit um den in Afghanistan angeklagten Christen Abdul Rahman hat die afghanische Regierung vor einer Einmischung in innere Angelegenheiten gewarnt. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass in dem Verfahren die Todesstrafe verhängt werde, sagte Wirtschaftsminister Amin Farhang der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). Der Vorsitzende des Bundestags-Außenausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), verlangte in der "Bild"-Zeitung eine Änderung der afghanischen Gesetze. Rahman steht wegen des Übertritts vom Islam zum Christentum vor Gericht.
Sollte er diesen nicht widerrufen, droht ihm die Todesstrafe.

Farhang betonte, der Prozess sei ein offenes Verfahren. Die Staatsanwaltschaft habe nach afghanischem Recht ermitteln müssen.
Natürlich forderten Fanatiker in solchen Fällen die Todesstrafe, so der Politiker. Er bezeichnete die Drohung, deutsche Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, als Erpressung. Im Rahmen des ISAF-Einsatzes der NATO sind zur Zeit mehr als 2.000 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan.

Polenz rief die Bundesregierung auf, Einfluss auf die afghanische Regierung zu nehmen. Gesetze, die Übertritte von einer Religion zur anderen mit Strafe bedrohten, müssten abgeschafft werden.
Rahman hat lange in Deutschland gelebt; vor 16 Jahren war er Christ geworden. Nach seiner Rückkehr nach Afghanistan begann vor wenigen Tagen in Kabul der Prozess gegen ihn. Die Verfassung des Landes räumt religiösen Minderheiten das Recht ein, ihre Religion auszuüben. Nach islamischer Rechtsvorstellung ist es aber nicht möglich, den muslimischen Glauben aufzugeben.

Kirchen fordern Freilassung Rahmans

Die sofortige Freilassung Rahmans forderten die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer erklärte in Bonn, das Gerichtsverfahren in Kabul verhöhne das grundlegende Menschenrecht auf Religionsfreiheit. Es sei ein Schlag gegen jeden, der sich für die Menschenrechte einsetze, sagte er mit Blick auf das Engagement deutscher Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan. Beschwichtigungsversuche afghanischer Regierungsvertreter seien nicht hinnehmbar.
EKD-Ratspräsident Wolfgang Huber forderte zugleich die Politik auf, Menschen nicht mehr in Länder abzuschieben, in denen sie wegen ihres Glaubens bedroht seien.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland appellierte an die afghanische Justiz, Rahman nicht zu bestrafen. Zwar sei jeder Abfall vom Islam zu bedauern, erklärte die Organisation in Eschweiler. Dennoch müsse nach dem Koran das Recht jedes Menschen akzeptiert werden, die Religion zu wechseln. "Außerdem bietet das islamische Recht einen breiten Spielraum für andere Lösungen derartiger Fälle."

Zentralrat der Juden empört über drohendes Todesurteil

Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußerte "Empörung und Unverständnis" über die drohende Todesstrafe. Die Kritik an dem Verfahren habe "nichts mit einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten oder gar westlicher Arroganz zu tun", betonte Generalsekretär Stephan J. Kramer. Es stelle sich die Frage, "ob die Regierung in Kabul vor den religiösen Fundamentalisten im eigenen Land kapituliert".

Der Gründer der auch in Afghanistan tätigen Hilfsorganisation "Grünhelme", Rupert Neudeck, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), der Ausgang des Verfahrens sei Richtung weisend für Afghanistan und die Hilfsbereitschaft aus Deutschland. Rahman müsse sofort freigelassen werden. Notwendig sei aber auch eine grundlegende Klärung der afghanischen Haltung zur Religionsfreiheit. Ein Gnadenerweis des Gerichts oder von Präsident Hamid Karsai reiche nicht aus.