Historisches US-Gesetz zum Schutz homosexueller Ehen

Politiker feiern, katholische Bischöfe enttäuscht

Präsident Biden will das neue Gesetz zum Schutz gleichgeschlechtlicher und multiethnischer Ehen zeitnah in Kraft setzen. Auf dem Kapitolshügel feiern die Kongressführer den überparteilichen Kompromiss.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Homosexuelles Paar Hand in Hand / © Diana Macias (shutterstock)
Homosexuelles Paar Hand in Hand / © Diana Macias ( shutterstock )

Unter den strengen Augen George Washingtons und drei Sternenbannern im Hintergrund haben die Sprecherin im US-Repräsentantenhaus Nancy Pelosi und Senatsführer Chuck Schumer Geschichte geschrieben. Die beiden Führer der Demokraten im Kongress unterzeichneten am Donnerstag (Ortszeit) auf dem Kapitolshügel den sogenannten "Respect for Marriage Act", der kurz zuvor die letzte parlamentarische Hürde genommen hatte. Das Gesetz erhielt im Repräsentantenhaus mit 258 zu 169 Stimmen überparteiliche Unterstützung, nachdem zuvor bereits im Senat eine Koalition aus Demokraten und Republikaner eine Mehrheit sichern konnte.

"Respect for Marriage Act"

Der "Respect for Marriage Act" gibt den Bundesstaaten zwar weiterhin die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob sie die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern erlauben. Das Gesetz dreht aber das Prinzip des von Bill Clinton 1996 unterzeichneten "Defense of Marriage Act" (DOMA) um, das eine Ehe als Bund zwischen einem Mann und einer Frau definierte. Alle 50 Bundesstaaten müssen nun automatisch Ehen anerkennen, die - egal wo in den USA - gültig geschlossen wurden. Gleichzeitig hob der Kongress die DOMA-Gesetzgebung auf. Die Katholikin Pelosi feierte das Gesetz zum Schutz von gleichgeschlechtlichen und ethnisch gemischten Ehen als einen "glorreichen Triumph von Liebe und Freiheit".

Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten, damit das neue Gesetz in Kraft treten kann. Joe Biden hatte seine Unterstützung bereits zugesagt. Nach der Abstimmung im Repräsentantenhaus lobte er die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg. Das Gesetz verschaffe Millionen nicht-heterosexuellen Menschen und gemischt-ethnischen Paaren Seelenfrieden. "Ihre Rechte sind gesichert und sie haben Anspruch auf Schutz für sich und ihre Kinder", so Biden.

Bischöfe wollten Gesetz verhindern

Der zweite katholische Präsident der US-Geschichte hatte sich von der massiven Lobby-Arbeit der nationalen Bischofskonferenz nicht umstimmen lassen. Sie hatte seit Sommer versucht, das Gesetz zu verhindern. In einem gemeinsamen Brief hatten die für das Thema zuständigen Bischöfe Robert Barron und Kardinal Timothy Dolan vom 23. November "eine Kurskorrektur dieses schädlichen Gesetzes" verlangt.

Die katholischen Bischöfe der USA sprechen sich nicht nur gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen aus; sie fürchten zudem Sanktionen gegen ihre Kirche. Diese könnten in Form von Strafen oder der Aufhebung von Steuervorteilen kommen, wenn sie gleichgeschlechtlichen Paaren und ihren Kindern bestimmte Leistungen vorenthalten.

Ausnahmen für Religionsgemeinschaften

Tatsächlich sieht das Gesetz Ausnahmen für Religionsgemeinschaften vor. Rechtsexperten wie Douglas Laycock von der University of Virginia Law School halten diese für ausreichend, die Rechte der Kirchen zu schützen. Das erklärt auch, warum unter anderen die konservativen Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) dem Kompromiss zugestimmt haben. Die katholische Kirche in den USA stehe sich selbst im Weg, so Experte Laycock.

Diese Ansicht vertritt auch der Leiter der Organisation New Ways Ministry, Francis DeBernardo, in der sich nicht-heterosexuelle Katholiken organisiert haben. Die Bischofskonferenz setze "falsche Prioritäten", sagte DeBernardo dem Magazin "National Catholic Reporter". Sie versuchten, "Schlachten zu schlagen, die sie längst verloren haben".

Einstellungswandel in der US-Gesellschaft

Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Gallup illustrieren den Einstellungswandel in der US-Gesellschaft. Während bei der Unterzeichnung der DOMA-Gesetze 1996 noch etwas mehr als ein Viertel der Bürger (27 Prozent) gleichgeschlechtliche Ehen unterstützte, hat sich das Verhältnis mit 71 Prozent Zustimmung heute fast umgedreht.

Das Oberste Gericht hatte 2015 in seinem Grundsatzurteil "Obergefell v. Hodges" das Recht auf eine gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt.

Äußerungen des konservativen Richters Clarence Thomas nach dem Abtreibungsurteil des Supreme Court vom Juni hatten viele Kongressabgeordnete in Alarmstimmung versetzt. Der Richter suggerierte, das Oberste Gericht könnte sich noch einmal mit der gleichgeschlechtlichen Ehe beschäftigen. Die lesbische Senatorin Tammy Baldwin aus Wisconsin, die federführend am "Respect of Marriage Act" mitwirkte, sagte nun nach der Feierstunde im Kapitol, die Gefahr eines Eingriffs durch das Oberste Gericht sei gebannt. Man könne nun "Millionen liebender Paare" beruhigen.

Der pensionierte Abgeordnete Barney Frank, der sich als einer der ersten offen zu seiner Homosexualität bekannt hatte, tauchte überraschend bei der Unterzeichnung auf. Er sei bei der Geburt von DOMA dabei gewesen und trage das Gesetz nun mit zu Grabe. Das sei ein wenig wie in New Orleans, meinte er: "Dort sind Beerdigungen eine fröhlichere Angelegenheit als die Geburt."

Theologe: Bibel verurteilt Homosexualität nicht

Nach Ansicht des Bonner Professors für die Exegese des Alten Testamtens, Ulrich Berges, verbietet die Bibel Homosexualität nicht. Das gelte auch für Levitikus 18, 22, sagte Berges im Gespräch mit DOMRADIO.DE.

"Der Text Levitikus ist ungefähr 500 Jahre vor Christus geschrieben worden. Er bezieht sich immer auf einen Analverkehr zwischen Männern, wobei der Analverkehr immer ein Akt der Demütigung ist. Das ist also überhaupt nicht zu vergleichen mit einer freien, zwischen gleichen Partnern geschlossenen oder versprochenen Lebensbeziehung", so Berges.

Homosexuelles Paar / © LikClick (shutterstock)
Quelle:
KNA