Hätte er doch besser mal die Klappe gehalten, könnte man denken. Johannes der Täufer nahm als jüdischer Bußprediger grundsätzlich kein Blatt vor den Mund. Sogar König Herodes Antipas bekam die Kritik des Täufers zu spüren. Dieser hatte sich nämlich in die eigene Schwägerin und Nichte Herodias verliebt, die daraufhin Herodes' wegen ihren Mann verließ und Herodes selbst seine erste Frau verstieß. Diese unrechtmäßige Liaison prangerte Johannes öffentlich an, woraufhin ihn Herodes ins Gefängnis werfen ließ und Herodias auf eine Gelegenheit wartete sich zu rächen.
Über das irdische Ende Johannes' des Täufers berichten die drei synoptischen Evangelien – also die von Matthäus, Markus und Lukas – in einer Art Rückblende. Herodes hört nämlich vom öffentlichen Auftreten Jesu und fragt sich, ob denn womöglich der Täufer, den er eigentlich hatte hinrichten lassen, auferweckt worden ist und erneut als gesellschaftskritischer Prophet auftritt.
Während Lukas es bei dieser bloßen Erwähnung belässt, öffnet sich bei Matthäus und Markus – bei Markus sogar ausführlicher als bei Matthäus – nun die Rückblende auf das rauschende Fest, bei dem der wahrscheinlich angetrunkene Herodes den weiblichen Reizen Salomes, Herodias' Tochter, erliegt. Dies wiederum nutzt Herodias, um sich nun endgültig am Täufer zu rächen. So lässt sie ihre Tochter auf einer silbernen Platte den Kopf des Johannes fordern.
Kopf mehrfach vergraben und wieder aufgefunden
Dieses Ereignis wird von den meisten christlichen Kirchen und Konfessionen am 29. August gefeiert. Der evangelische Pfarrer Joachim Schäfer, der das Internetportal "Ökumenisches Heiligenlexikon" betreibt, schreibt über den Verbleib des Kopfes, Herodias habe ihn der Überlieferung nach als Trophäe behalten und später vergraben. Johanna, die Frau eines Hofbeamten und Jüngerin Jesu, wusste von dem Ort, grub den Kopf aus und bestattete ihn schließlich auf dem Ölberg in Jerusalem. Hier wurde er viele Jahre später von einem Einsiedler aufgefunden, aber aus Angst vor einer Entweihung wieder vergraben.
Nach der sogenannten "Konstantinischen Wende" soll Johannes der Täufer zwei Heilig Land-Pilgern in einer Vision erschienen sein und ihnen den Ort seines vergrabenen Kopfes mitgeteilt haben. Die legendäre Erzählung berichtet weiter, dass die beiden Pilger den Kopf nicht selbst nach Hause trugen, sondern ihn von einem armen Töpfer tragen ließen. Ob dieser Faulheit erbost, erschien Johannes dem Töpfer und forderte ihn auf mit dem Kopf zu fliehen. Später gelangte der Kopf in die Hände des Priesters Eustasius, der damit zwar viele Heilungswunder bewirken konnte, aber ein Anhänger der arianischen Irrlehre war. Nachdem er dessen überführt war, vergrub dieser den Kopf erneut.
An dieser Stelle entstand im 5. Jahrhundert ein Kloster, dessen Abt Marcellus Johannes erneut erschien, um ihm den Ort des Kopfes mitzuteilen. Der Kopf gelangte so zunächst nach Zypern und schließlich nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Im Zuge des Byzantinischen Bilderstreits jedoch musste die Kopfreliquie erneut woanders hin verbracht und vergraben werden, wurde aber um das Jahr 850 wieder aufgefunden und gelangte zurück nach Konstantinopel. So gibt es drei Auffindungen des Kopfes Johannes' des Täufers: die erste im 4. Jahrhundert, die zweite um 452 und die dritte schließlich um 850. Diese werden in der orthodoxen Liturgie am 24. Februar und am 25. Mai gefeiert.
Gegen Kopfweh, Halskrankheiten und Unfruchtbarkeit
Mindestens acht Orte erheben den Anspruch, in Besitz des Hauptes Johannes' des Täufers zu sein. Teile der Kopfreliquie sollen der Überlieferung nach auf den Berg Athos gelangt sein, ein Teil wurde 1204 nach Amiens gebracht und wird auch heute noch in der dortigen Kathedrale verehrt. Eine weitere Überlieferung berichtet, dass 1135 der Kopf des Johannes durch Papst Innozenz II. nach Rom kam und dort bis heute in der Kirche San Silvestro in Capite in der Nähe der römischen Hauptpost aufbewahrt wird. Auch der Schrein in der Umayyaden-Moschee in Damaskus gilt als Aufbewahrungsort des Kopfes Johannes' des Täufers. Denn im Islam wird Johannes als drittletzter Prophet vor Jesus und Mohammed verehrt.
Durch die Kopfreliquie in Amiens entwickelte sich in den franko-germanischen Ländern der Brauch Johanneshäupter und Johannesschüsseln als Kopien anzufertigen und zu verehren. Sie sollten in besonderer Weise bei Kopfweh, Halskrankheiten und Unfruchtbarkeit der Frauen helfen und wurden meist an der Wand oder über Türen von Johanneskapellen angebracht. Am 29. August stellte man sie auf den Altar. Auch einige Kirchen in diesem Bereich – zu nennen sind hier die Kirchen in Koblenz-Metternich, Lohmar und Salzkotten – erhielten bewusst das Patrozinium der Enthauptung des Täufers und feiern somit ihr Patronatsfest nicht am 24. Juni, sondern am 29. August.
Liturgisch fällt der 29. August jedoch hinter den 24. Juni, dem Geburtsfest des Täufers, zurück. Während die Geburt Johannes' als Hochfest begangen wird, was für einen Heiligen ungewöhnlich ist, ist sein Sterbetag, also der Beginn des ewigen Lebens in der himmlischen Herrlichkeit, lediglich ein gebotener Gedenktag. Allerdings ist dieser mit sehr vielen Eigentexten – so auch das Evangelium in der Heiligen Messe – bestückt, was ihn von anderen Gedenktagen noch einmal abhebt.