Wie Bischöfe über Personal in Laienverbänden entscheiden

Daumen hoch oder runter?

Die Nicht-Zustimmung der deutschen Bischöfe zur Kandidatur einer Theologin als geistliche Leitung bei der Deutschen Pfadfinderschaft hat jüngst für reichlich Kritik gesorgt. Warum gibt es überhaupt ein solches Prozedere?

Autor/in:
Johannes Senk
Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht (KNA)
Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Wenn die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) bei ihrer kommenden Bundesversammlung einen neuen Vorstand wählt, wird dabei die Position der geistlichen Leitung wohl unbesetzt bleiben müssen.

Der bisherige Bundeskurat - so die offizielle Bezeichnung des Postens - Matthias Feldmann scheidet nach sechs Jahren im Amt aus, doch eine Nachfolge für ihn steht nicht auf dem Wahlzettel.

Zwar gab es eine Interessentin für das Amt. Die bisherige geistliche Leitung im Bistum Augsburg, Viola Kohlberger (32) wollte sich als einzige Kandidatin zur Wahl stellen. Allerdings verweigerten ihr die deutschen Bischöfe diese Möglichkeit. Bei einer geheimen Abstimmung Ende April erhielt Kohlberger nicht die erforderliche absolute Mehrheit im Ständigen Rat der Bischofskonferenz, womit ihre Kandidatur nicht aufrechterhalten werden konnte.

Votum löste Kritik aus

Das Votum der Bischöfe löste über die DPSG hinaus Kritik aus. Die Bischofskonferenz erklärte auf Anfrage, Entscheidungen des Ständigen Rates nicht zu kommentieren.

Viola Kohlberger spricht am 4. September 2020 auf der Regionenkonferenz der Synodalversammlung in München / © Robert Kiderle (KNA)
Viola Kohlberger spricht am 4. September 2020 auf der Regionenkonferenz der Synodalversammlung in München / © Robert Kiderle ( KNA )

Andere Kommentatoren zeigten wiederum Unverständnis über den gesamten Vorgang, genauer die Tatsache, dass die Bischöfe über eine Vorstandspersonalie in einem katholischen Jugendverband bestimmen können, ihr quasi die für Theologieprofessoren einzuholende kirchliche Unbedenklichkeitserklärung ("Nihil obstat") erteilen müssen. Diese hatte Kohlberger übrigens auf Bistumsebene als Voraussetzung für ihr dortiges Amt erhalten.

Generalvikar Pfeffer sieht Mangel an Transparenz

Dass es in katholischen Jugendverbänden für das Amt der geistlichen Leitung auf Bundesebene vor der eigentlichen Wahl noch einer Zustimmung der Bischöfe bedarf, war - wie die Reaktionen auf den Fall Kohlberger zeigten - nicht allgemein bekannt. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer sieht in dem Verfahren einen Mangel an Transparenz.

"Dass es eine Vorabstimmung, in welcher Form auch immer, braucht, kann ich nachvollziehen. Aber dass es zu einer Vorwahl kommt, die dann dazu führt, wie das offensichtlich in diesem Fall gewesen ist, dass eine Kandidatin keine Mehrheit bekommt und dadurch schwer beschädigt wird, ist problematisch", sagte der Verwaltungschef des Bistums Essen im Interview bei DOMRADIO.DE. "Deswegen stellt sich auch die Frage, ob dieses ganze Verfahren so passend ist."

Klaus Pfeffer / © Harald Oppitz (KNA)
Klaus Pfeffer / © Harald Oppitz ( KNA )

Tatsächlich entspricht es in dieser Form aber den Statuten der Bischofskonferenz, die auch in den Wahlordnungen der Verbände geteilt werden. In der 2007 erlassenen Erklärung "Geistliche Verbandsleitung in den katholischen Jugendverbänden" heißt es dazu, dass Kandidatinnen und Kandidaten "für die geistliche Verbandsleitung auf Vorschlag der Jugendverbände und nach Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz zur Wahl zugelassen" werden und nach ihrer Wahl vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz mit ihrem Amt beauftragt werden.

Voraussetzungen für das Amt, das von Laien wie Priestern ausgeführt werden kann, sind demnach die Gemeinschaft mit der Kirche sowie die Beachtung der "Weisungen des kirchlichen Amtes". Zudem sollten Kandidat oder Kandidatin schon länger im kirchlichen Dienst stehen und sich dorf bewährt haben.

Blick in die Historie

Auch wenn die Vorgaben einen gewissen Spielraum zulassen, ist es bislang zumindest in Jugendverbänden nicht vorgekommen, dass die Bischöfe einer solchen Personalie nicht zustimmten. Größeres öffentliches Interesse erhielt allerdings 2009 der Fall von Heinz-Wilhelm Brockmann. Der niedersächsische CDU-Politiker wollte sich damals als einziger Kandidat auf die Nachfolge von Hans Joachim Meyer als Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) bewerben, dessen Vizepräsident er zuvor war.

Die Bischöfe verweigerten aber auch in diesem Fall ihre Zustimmung.

Gründe dafür waren seinerseits Auseinandersetzungen zwischen Laienkomitee und Bischöfen in Themen wie Pflichtzölibat und Schwangerschaftskonfliktberatung. So gehörte Brockmann zu den Mitbegründern des Beratungsvereins Donum Vitae.

Wie ein Aufsichtsrat bei Konzernen in der Wirtschaft

Der Ständige Rat der Bischöfe kann also bei der Vorstandsbesetzung eine ähnliche Kompetenz in katholischen Verbänden vornehmen, wie ein Aufsichtsrat bei Konzernen in der Wirtschaft. Eine deutliche Diskrepanz gibt es allerdings: Wenn der Aufsichtsrat eines Unternehmens einem Kandidaten für einen Vorstandsposten die Zustimmung entzieht, wird er jemand anderen berufen.

Den Bischöfen ist es nun nicht möglich, einen anderen Kandidaten für das Amt vorzuschlagen - für den nach solch einem Vorgang die immer noch nötige Zustimmung der Verbandsdelegierten ohnehin mehr als fraglich wäre.

Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht (KNA)
Deutsche Bischöfe / © Julia Steinbrecht ( KNA )

So bleibt es dabei, dass die DPSG zunächst ohne geistliche Leitung auskommen muss, denn auch eine Zweitlösung bedürfte ja erst noch der Zustimmung des Ständigen Rates, die sich bis zur Bundesversammlung in dieser Woche nicht mehr einholen ließe. Das ist nicht nur für den Verband eine schwere Hypothek, es demotiviert auch junge Menschen, die sich in der Verbandsarbeit engagieren wollen.

Natürlich kann es passieren, dass ein Kandidat oder eine Kandidatin auf der Versammlung eines Verbands durchfällt. Bei Kampfkandidaturen kann sich ohnehin nur eine Person durchsetzen. Aber zumindest hätte dann die Entscheidung bei den Verbandsdelegierten selbst gelegen und wäre nicht vorab verhindert worden. Für die propagierte synodale Kirche ist das keine gute Werbung.

Kohlberger erklärte auf Anfrage, dass sie dennoch als Delegierte für ihre Diözese an der Versammlung teilnehmen und wenn möglich auch das Gespräch mit dem ebenfalls anwesenden Kontaktbischof der DPSG, dem Fuldaer Bischof Michael Gerber, suchen werde. Ihre Amtszeit im Bistum Augsburg endet im Oktober, eine Verlängerung sei hier nicht geplant gewesen. Ob sie sich noch mal für das Bundesamt zur Verfügung stellen würde, könne sie derzeit noch nicht sagen.

Ständiger Rat der Bischofskonferenz

Der Ständige Rat ist nach der Vollversammlung das wichtigste Organ der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Dem Gremium gehören die 27 Ortsbischöfe an, im Unterschied zur Vollversammlung aber nicht die Weihbischöfe. Allerdings kann sich ein Bischof durch einen Weihbischof aus seinem Bistum vertreten lassen. Regulärer Tagungsort ist das Kloster Himmelspforten in Würzburg.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA