Kampf um Glaubwürdigkeit der Kirchen

Missbrauch ohne Ende?

Sexualisierte Gewalt in der Kirche: Man kann dieses Thema einfach nicht mehr ertragen. Und doch muss es immer und immer wieder auf die Tagesordnung, meint DOMRADIO.DE-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen: "konsequent, schonungslos, nachhaltig".

 (DR)

Das Bild der Woche kommt für mich aus Lourdes. Im bekannten Wallfahrtsort sind die katholischen Bischöfe Frankreichs in die Knie gegangen. Angesichts von über 200.000 minderjährigen Opfern sexualisierter Gewalt ein starkes Zeichen. Immer noch erschreckt das Ausmaß des sexuellen Missbrauches unser Nachbarland. Dort will die katholische Kirche jetzt sogar Kredite aufnehmen, um die Opfer zu entschädigen. Doch vermutlich wissen auch die Bischöfe, dass weder ein öffentlicher Kniefall noch viel Geld reichen werden, um das wieder gutzumachen, was nicht wieder gutzumachen ist.

Wie tiefgreifend und erschütternd Kirche und Missbrauch miteinander verwoben sind, spürt bei uns sehr schmerzlich immer mehr auch die evangelische Kirche. Es war nicht die erste Synodentagung, die sich in dieser Woche auf evangelischer Seite mit der Aufarbeitung des Missbrauches in den eigenen Reihen beschäftigte. Aber angesichts der Proteste der Betroffenen wegen der unzureichenden und wenig zügigen Aufarbeitung dürfte inzwischen auch den letzten Verantwortlichen der EKD klar sein, dass es wenig hilft, nur darauf zu hoffen, dass man sich bei diesem Thema irgendwie wegducken und hinter der Katholischen Kirche verstecken kann.

Ja - Missbrauch von Macht und sexualisierte Gewalt an Minderjährigen gibt es leider in allen Bereichen der Gesellschaft. Leid ohne Ende. Aber gerade bei den Kirchen ist nicht nur die moralische Fallhöhe besonders groß. Wenn die Kirche, ganz egal ob katholische oder evangelische - deutsche oder französische - europäische oder weltweite - beim Thema Missbrauch nicht konsequent, schonungslos, nachhaltig und zeitnah die richtigen Weichen stellt, ist alle Glaubwürdigkeit dauerhaft verloren. Was das für eine Glaubensgemeinschaft, die den Glauben weitergeben will, bedeutet, muss allen Gläubigen klar sein.

 



Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

 

PS: Tag für Tag müssen auch unsere DOMRADIO.DE-Nachrich--ten neue traurige Corona-Rekordzahlen melden. Papst und Bischöfe appellieren weltweit, sich impfen zu lassen. Unser guter Draht nach oben gibt diese dringenden Empfehlungen gerne weiter: Lassen Sie sich bitte impfen - helfen Sie sich und anderen!