Zeitumstellung – Beginn der Sommerzeit

Wo ist nur die Zeit geblieben?

Die zeitliche Wahrnehmung verändert sich im Laufe des Lebens. In seinem Wochenkommentar betrachtet DOMRADIO.DE Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen, wie sich auch der Glaube mit der Zeit verändern kann.

 (DR)

Am Samstag werden unsere Uhren wieder eine Stunde vorgestellt. Es beginnt die "Sommerzeit", selbst wenn draußen noch nicht mal Frühling ist. In der Regel stellt sich unser Bio-Rhythmus schnell auf die neue Uhrzeit ein. Das gilt auch für die eigene Lebenszeit: Als junger Schüler dauerte es von den Osterferien bis zu den Sommerferien eine halbe Ewigkeit. Spätestens als Rentner empfindet der Mensch dann nur noch die Jahreszeiten und fragt sich, wo die Zeit denn schon wieder geblieben ist. Wissenschaftler erklären uns, das persönliche Zeitempfinden hänge mit unserem Lebensalter zusammen.

Ich stelle zudem in Gesprächen mit Menschen im Rentenalter fest, dass sich mit zunehmendem Alter nicht nur die Lebenszeiterfahrung, sondern auch der Glaube verändert. Erwartet hätte ich, dass das Glaubenszeugnis stärker und fester wird – aber in meinem Umfeld scheint der Glaube immer mehr zu verdampfen. "Ach Ingo, was hat uns die Kirche nicht früher alles erzählt. Ich kann das heute gar nicht mehr alles glauben…" Gezweifelt wird da aber mitnichten nur an der kirchlichen Sexuallehre. Die Erschütterungen gehen über die biblischen Offenbarungen bis zum Dreieinigen Gott selber. Selbst wenn man noch den regelmäßigen Kirchgang am Sonntag pflegt, zweifelt und verzweifelt man an Gott und der Welt. Verdampft der Glaube im Alter? Nein, es gibt auch Gegenbeispiele in meinem direkten Umfeld, wo der Glaube offenbar noch wächst. Aber die Glaubenszweifler sind deutlich in der Überzahl. Es mag damit zusammenhängen, dass die eigenen Kinder oft jede kirchliche Bindung verloren haben und offenbar auch so ihr Leben meistern. Es mag mit den Skandalen der Kirche, ob Missbrauch oder Finanzen zusammenhängen. Oft ist es aber der ganz konkrete Ärger über das Versagen des himmlischen Bodenpersonals vor Ort, im heimischen Umfeld. Der Pfarrer, der angeblich die Mutter nicht beerdigen will; der Seelsorger, der sich im Rotary Club und Jagdverein tummeln soll, aber am Krankenbett nie zu sehen ist. Die Liste ließe sich beliebig verlängern…



Der Ärger mag berechtigt oder unberechtigt sein. Aber er hilft überhaupt nicht weiter, sondern kostet nur unsere Lebenszeit. Also auf! Das Schicksal selber in die Hand nehmen, jammern hat noch nie geholfen. Ob das eigene Leben gelingt, hängt doch nicht von den Unzulänglichkeiten des himmlischen Bodenpersonals ab! Meine 23-jährige Tochter hat mich in dieser Woche nach einem langen Tag, an dem irgendwie alles schief lief, angestrahlt: "Papa, hast Du die funkelnden Sterne da oben am Himmel überhaupt gesehen? Vergiss den ganzen Ärger – da oben ist einer, der es gut mit uns meint!" Ich wünsche Ihnen, ob alt oder jung, solche lebensfrohen Begleiter auf Ihrem Lebensweg durch die Zeit. Liebevolle Zeitgenossen, die helfen, dass sich der Glaube an das Leben und die Liebe nicht in Luft auflöst.  Klar, uns wird am Samstag eine Stunde "geklaut" – aber die Zeit, die in Gottes guten Händen liegt, schenkt er uns doch jeden Tag neu! Der da oben meint es wirklich verdammt gut mit uns!

Ihr
Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur

P.S.: Der biblische Weisheitsautor Kohelet weiß: "Alles hat seine Zeit unter der Sonne. Es gibt eine Zeit zum Schweigen und eine Zeit zum Reden". Ihr "guter Draht nach oben" verschweigt fast nichts und funkt für Sie jeden Tag neu himmlisch, frohe Botschaften...