Politisches Nachtgebet

 (DR)

Politisches Nachtgebet war der Titel einer Liturgie, die beim 82. Deutschen Katholikentag vom 4. bis 8. September 1968 in Essen gefeiert wurde. Daraus entstand die gleichnamige gottesdienstliche Tradition zunächst in Köln, dann auch an vielen anderen Orten. Vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs (Tet-Offensive) wollte der Ökumenische Arbeitskreis Köln – bestehend unter anderem aus Dorothee Sölle, Fulbert Steffensky, Marie Veit, Heinrich Böll, Egbert Höflich, Michael Dohle, Vilma Sturm u. a. – beim Essener Katholikentag 1968 einen "politischen Gottesdienst" feiern. Die Veranstalter des Katholikentags setzten den Gottesdienst erst auf 23 Uhr an, worauf die Gruppe die Veranstaltung Politisches Nachtgebet nannte.

In Folge fanden ab Oktober 1968 monatlich um 20:30 Uhr in der evangelischen Antoniterkirche in Köln Politische Nachtgebete statt. Zum ersten Gebet am 1. Oktober kamen über 1.000 Menschen. Die Politischen Nachtgebete enthielten neben politischen Informationen und Diskussion auch eine Predigt oder Meditation anhand eines biblischen Textes.

Themen der Politischen Nachtgebete waren zum Beispiel die Militärdiktatur in Griechenland (Mai 1969), die wirtschaftliche Mitbestimmung (November 1970), der § 218 (Oktober 1971), die "Jesus People"-Bewegung (November 1971), die Baader-Meinhof-Gruppe (Juli 1972), die Bundestagswahl (September 1969 und November 1972), der Vietnamkrieg (Februar 1973) und der Putsch in Chile (Dezember 1973). (wikipedia/Stand 22.04.17)