Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Alles unter Kontrolle?

Es ist bekannt, dass es einige deutsche Bischöfe gibt, die den Synodalen Weg für einen Holzweg halten. Dass fünf von ihnen daher einen besorgten Brief nach Rom geschickt haben, war bis Anfang dieser Woche unbekannt. In ihrer Sorge haben die Bischöfe nachgefragt, ob Sie wirklich am geplanten Synodalen Ausschuss teilnehmen müssen und ob sie zur Gründung eines Synodalen Rates überhaupt ermächtigt sind. Wunderte es nach der Vorgeschichte – vom päpstlichen Brief bis zum schwierigen Dialog beim Ad-Limina-Besuch – irgendeinen, dass die fünf Bischöfe die erwartete Antwort erhielten? Gleich drei (!) wichtige Kurienkardinäle haben dieses Mal unterschrieben und selbst der Papst gibt seinen Segen zur Absage an den deutschen Synodalen Weg – zum No-Go! In Rom teilt man die Sorgen der fünf Bischöfe.

Im Vatikan befürchtet man, dass die Deutschen sich zu selbstständig machen. Man hat Angst vor dem Kontrollverlust. Wie passt es sonst zusammen, dass der Papst doch eigentlich die Ortskirchen zu mehr Eigenverantwortung ermutigen will, ihnen sogar sagt "Macht ruhig mal einen Fehler, aber macht wenigstens was!", während er auf der anderen Seite der deutschen Kirche klar das Stoppschild zeigt? Ermutigung und Vertrauen sieht anders aus.

Nein, in Rom traut man der großen Mehrheit der deutschen Mitbrüder im bischöflichen Amt und ihren Gläubigen nicht über den Weg. Die mächtigen alten Kirchenmänner haben Angst: Christen, die ihre Bischöfe selbst wählen? Priester, die nicht mehr zum Zölibat verpflichtet werden? Segen für homosexuelle Paare? Und womöglich noch Frauen im Weiheamt? Gott bewahre!

Rom hat für Klarheit gesorgt und klipp und klar gesagt: So bitte nicht! Da mag in der Bibel 365-mal stehen, "Fürchtet Euch nicht, habt doch keine Angst!" Wenn es um die eigene Macht und das eigene Kirchenbild geht, gilt für die Römer vorerst lieber: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Das ist nur leider kein Jesuswort, das Zitat wird Lenin zugeschrieben.

Ingo Brüggenjürgen

DOMRADIO.DE

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