Predigten

30. Sonntag im Jahreskreis - Hochamt aus dem Kölner Dom in Latein

Besonderes Hochamt am Sonntag im Hohen Dom zu Köln: Der Generalvikar des Kölner Erzbistums, Dominik Schwaderlapp, feierte den Gottesdienst in lateinischer Sprache. domradio.de übertrug am 30. Sonntag im Jahreskreis live.

Das Christentum war in seiner Geschichte immer wieder versucht, das biblische Doppelgebot der Liebe aufzuweichen. Die Nächstenliebe wurde in der theologischen Reflexion und ganz praktisch gegenüber der Gottesliebe abgewertet und an den Rand gedrängt. Wo aber ist die Bibel, Altes und Neues Testament, eindeutiger und einmütiger als in der Aussage, dass Gott nicht geliebt wird, wo der Bruder und die Schwester missachtet sind? Du sollst Gott lieben und den Nächsten, aber erwähnt Jesus im heutigen Evangelium nicht auch die Selbstliebe? Die ist ja nur natürlich und eigentlich eine Schwäche, so dachte man lange Zeit. Außerdem - kennen wir nicht alle unangenehm selbstsüchtige Menschen? Doch ist Selbstliebe wirklich Selbstsucht? Barmherzig mit mir zu sein, auch mit meinem Schatten, das eigene Leben, die eigenen Gaben dankbar und tatkräftig anzunehmen, meine Grenzen zu respektieren, sich nicht missachten und misshandeln, gelassen anzuschauen, was ich für meine Defizite halte - zu solcher Selbstliebe will uns Gottes Wort befreien.

Wortgottesdienst

Erste Lesung
Was heißt es, Gottes Volk zu sein? Es bedeutet, an Gott Maß zu nehmen, sich von seinem Handeln zu eigenem Tun anregen zu lassen. Der barmherzige Gott, der Israel einst aus der Sklaverei befreite, hört auch heute den Schrei der Hilflosen und Rechtlosen. Hier und heute achtet Gott auf die gefährdeten Fremden, die schutzlosen Waisen und Witwen, die unter der Schuldenlast Stöhnenden und Bettelarmen. Das soll auch Israel tun, "denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen". Könnten die nun folgenden einfachen Regeln nicht auch unser Zusammenleben inspirieren?

Zweite Lesung
Durch Paulus war das Evangelium einst nach Thessalonich gelangt. Die Verkündigung des Paulus traf auf Menschen, die, gestärkt durch den Heiligen Geist, bereit waren, das Wort in ihr Leben hineinzunehmen, den Schwierigkeiten, die sie sich dadurch einhandelten zum Trotz. Wo Menschen "den lebendigen und wahren" Gott spüren und lieben, da wird der Abschied von den toten und tödlichen Göttern möglich. Da wird Freude möglich. Da wird wahres Leben möglich.

Evangelium
Was ist wichtiger: Gottesliebe oder Nächstenliebe? Jesus und der Schriftgelehrte wären sich auch hier einig: Diese Frage ist falsch gestellt. Zwischen Gottes- und Nächstenliebe kann es keine Konkurrenz geben. Gott und dem Nächsten, beiden gehört meine ganze Liebe. Das ist paradox. Das ist mit unserer Alltagslogik schwer zu verstehen: Wie kann ich zweimal und zugleich ganz präsent sein, zweimal alles geben? Gott ist der Grund meines und allen Lebens. Gott ist mir näher als ich mir selber bin, näher als all meine Ängste und Hoffnungen, näher als meine Sorge um mich. Doch eben dieser Gott meines Lebens will sich von mir im Nächsten finden und lieben lassen. Gott lieben heißt, sich auf ihn einlassen, ihn einlassen, um mit und vor ihm zu leben. Und das eben bedeutet, auf den anderen zu achten, seinen Schrei nicht zu überhören und seiner Not zu Hilfe zu kommen.
(Quelle: Messbuch 2008, Butzon & Bercker Verlag) Ein Beitrag vom Domradio Köln