Reaktionen auf das Jahr des Glaubens

Neue Strahlkraft

Die deutschen Bischöfe erhoffen sich von dem von Papst Benedikt ausgerufenem Jahr des Glaubens eine Stärkung christlicher Positionen in der Gesellschaft. Erzbischof Robert Zollitsch lädt die Katholiken zu einer Wiederentdeckung ihres Glaubens ein. "Wir müssen den Glauben neu wagen", so Zollitsch wörtlich.

„Macht die Fenster der Kirche weit auf!“ (KNA)
„Macht die Fenster der Kirche weit auf!“ / ( KNA )

Das Vertrauen auf Jesus Christus helfe, "Trauernde zu trösten, Mauern zu überwinden und von der Schönheit der Schöpfung zu sprechen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch.



Das "Jahr des Glaubens" wurde zeitgleich mit dem Gedenken an den Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren von Papst Benedikt XVI. am Donnerstagvormittag mit einer Messe auf dem Petersplatz in Rom eröffnet. Das bis zum 24. November 2013 dauernde Themenjahr soll unter anderem Impulse des Konzils neu beleben.



"Schatz des Konzils neu heben"

Zollitsch betonte, dass Bischofstreffen von 1962 bis 1965 bleibe eine "wichtige Orientierungsmarke". Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gelte es, "den Schatz des Konzils neu zu heben". Zu den Herausforderungen gehört für die deutschen Bischöfe "zum einen die Krise des Glaubens in unserem Land, zum anderen der Anspruch des Evangeliums an die Lebensführung des Einzelnen". Das Konzil habe festgehalten, "dass zu dieser Lebensführung auch gehört, sich den gesellschaftlichen und politischen Fragen zu stellen".



"Wir haben als Katholiken der Welt von heute Entscheidendes zu sagen. Unsere Stimme wird gehört und die Botschaft des Evangeliums ist aktueller denn je." Zollitsch erhofft sich vom Jahr des Glaubens eine neue Strahlkraft in die Gesellschaft hinein.



Zurück zu den Texten des Konzils

Das Jahr sei eine Motivation für den Glauben. Der Freiburger Erzbischof bat Gläubige, sich das Glaubensbekenntnis wieder stärker zu eigen zu machen. "Das Credo ist nicht nur Bestandteil unserer Liturgie, es ist vor allem ein Fundament unseres christlichen Lebens, Glaubens und Handelns." Zollitsch äußerte sich dankbar für die Initiative des Papstes: "Heute morgen haben wir in Rom die Eucharistie mit Papst Benedikt XVI. gefeiert. Einmal mehr ist deutlich geworden, wie sehr die katholische Kirche Weltkirche ist."



Der Erzbischof forderte zugleich eine stärkere Lektüre der Texte des Zweiten Vatikanischen Konzils. Die deutschen Bischöfe hatten vor wenigen Wochen das Wort "Erinnern - Bewahren - Weitergeben" zum Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils veröffentlicht. Mit dem Wort rufen sie die Beschlüsse und richtungsweisenden Reformen des Konzils in Erinnerung.



Marx: Anderen Hilfe zum Glauben bieten

Der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx hat die katholische Kirche zu Selbstkritik aufgerufen. Alle Katholiken, gerade auch Bischöfe und Priester, müssten sich fragen, "ob wir anderen Hilfe zum Glauben und zur Begegnung mit Jesus Christus sind oder ob wir Zugänge und Wege versperren durch unsere Engstirnigkeit, Kleinmütigkeit und Sünde", sagte Marx am Donnerstagabend bei einem Gottesdienst im Freisinger Mariendom. Die Kirche müsse alles dafür tun, dass sie "nicht als Hindernis, sondern als die große Einladung Gottes zum Glauben" erfahren werde.



Dass Zweite Vatikanische Konzil habe einen großen Erneuerungsprozess ausgelöst, erklärte der Kardinal. Die Umsetzung seiner Beschlüsse sei "längst nicht abgeschlossen". Der Auftrag von Papst Johannes XXIII., die Fenster zu öffnen, damit die Botschaft des Glaubens in der Welt gesehen werde, bestehe weiter.



München: Glaubensgespräche an ungewöhnlichen Orten

Glauben heiße nicht, etwas Unwahrscheinliches und Unvernünftiges zu akzeptieren oder sich in einer Welt der Fantasie und der Wunschträume zu bewegen, betonte Marx. Ausgangspunkt des Glauben sei vielmehr das Vertrauen in eine konkrete Person, Jesus von Nazareth.



Überzeugen könne aber nur ein Glaube, der sehend mache, der befreie und dem Leben eine neue Weite und Tiefe gebe. Er selbst wolle versuchen, in diesem Jahr des Glaubens in sechs Glaubensgesprächen an ungewöhnlichen Orten wie in einer Konzerthalle oder auf einem Schiff einen Beitrag zu Neuevangelisierung zu leisten.



ZdK: Geist des Konzils wird schwächer

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück (CSU), hält das Erbe des vor 50 Jahren eröffneten Zweiten Vatikanischen Konzils in der katholischen Kirche für bedroht: "Leider müssen wir feststellen, dass seit einiger Zeit der Geist des Konzils in der Kirche immer schwächer geworden ist", sagte Glück in einem Interview der Tageszeitung "Die Welt" (Freitagsausgabe).



Wesentliche Akzentsetzungen des Konzils, etwa in der Bedeutung der Ortskirchen gegenüber der Kurie, seien zugunsten des Zentralismus und Klerikalismus zurückgedrängt worden, unterstrich der ZdK-Präsident. Er fügte hinzu: "Hätte es das Konzil nicht gegeben, dann wäre die katholische Kirche heute vermutlich eine "kleine Sekte", gewissermaßen aus der Zeit gefallen."



BDKJ: Verantwortung der Laien stärken

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend  mahnt eine konsequentere Umsetzung der Konzilsbeschlüsse an. Der katholischen Jugend liege besonders die Überwindung eines Kirchenbildes am Herzen, "das nur von der Autorität des Klerus her denkt", erklärte der BDKJ-Bundesvorsitzende Dirk Tänzler. Stattdessen müsse es darum gehen, im Sinne eines Priestertums aller Gläubigen die Verantwortung von Laien zu stärken.



Besorgt äußerte sich Tänzler über "rückwärtsgerichtete Tendenzen" innerhalb der Kirche, die eine Neuinterpretation der Konzilstexte forderten und zum Beispiel die Religionsfreiheit oder das in der Bischofsversammlung festgelegte positive Verhältnis der katholischen Kirche zu anderen Religionen infrage stellten. "Wir dürfen keinen einzigen Schritt hinter die Aussagen des Konzils zurück", betonte Tänzler.



Mit Unverständnis reagierten junge Menschen insbesondere auf die Diskussionen um die Liturgiereform und die Wiedereinführung des alten Messritus. "Wir respektieren den Wunsch einiger, die Eucharistie nach dem früheren Ritus zu feiern", so Tänzler. Das damit einhergehende hierarchische Kirchenbild entspreche jedoch nicht dem Willen des Konzils, sich der Welt zu öffnen. Eine bisweilen ebenfalls dahinter stehende Ungleichbehandlung von Frauen sowie eine "Höherstellung von Priestern gegenüber Laien" seien den meisten Kindern und Jugendlichen schwer vermittelbar.



Orthodoxe Kirche würdigt Konzilsjubiläum

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. würdigte das Zweite Vatikanische Konzil als "Meilenstein der Veränderung" gewürdigt. Die Periode nach dessen Eröffnung vor 50 Jahren sei auch für die orthodoxe Kirche eine "Zeit des Austauschs und der Erwartungen" gewesen, sagte er am Donnerstag zum Abschluss der Papstmesse auf dem Petersplatz in Rom.



Er erinnere sich mit Begeisterung an persönliche Gespräche mit katholischen Bischöfen und Theologen sowie an seine Teilnahme an einigen Konzilssitzungen. Bartholomaios I. nahm als Ehrengast an der Eröffnung des katholischen "Jahr des Glaubens" durch Papst Benedikt XVI. teil. Es soll die Impulse des vor 50 Jahren eröffneten Reformkonzils (1962-1965) neu beleben.



Das Konzil habe "eine Reihe von wichtigen und einflussreichen" Dokumenten hervorgebracht, sagte Bartholomaios I. Er würdigte die "Rückkehr zu den Ursprüngen" über Studien zu Liturgie, Bibel und den Kirchenvätern und die Hervorhebung der Rolle des Heiligen Geistes.



Die fünf Jahrzehnte seit Konzilsbeginn hätten auch zum "Dialog der Liebe" zwischen römisch-katholischer und orthodoxer Kirche geführt.



Pfad der Versöhnung

Es passe zum Konzilsjubiläum ein "Jahr des Glaubens" auszurufen, sagte der Patriarch. Der Glaube sei ein sichtbares Zeichen für den Weg, "den wir zusammen auf dem Pfad der Versöhnung und der sichtbaren Einheit gehen". Mit seiner Teilnahme zeige er, dass man gemeinsam den Glauben an die Armen, Unterdrückten und die an den Rand Gedrängten weitergeben wolle, so Bartholomaios I. Angesichts zunehmender Gewalt zwischen den Völkern solle der gegenseitige Respekt der Kirchen ein Beispiel für die Welt sein.