TV-Doku über die Folgen des Zweiten Vatikanums

Zwischen Konservativen und Reformern

Ein Blick durchs Schlüsselloch gibt die Sicht frei auf den Petersdom. Es ist ein schönes, optimistisches Bild, das die Dokumentation "Kampf um den Vatikan. Hinter den Kulissen des Konzils" eröffnet. Der ARTE-Film beleuchtet Verlauf und Auswirkungen des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Autor/in:
Monika Herrmann-Schiel
 (DR)

Kirchenmänner, die die Debatten in Rom miterlebt haben, kommen ebenso zu Wort wie engagierte Laien. Der Film des renommierten Dokumentarfilmers Holger Preusse und des Chefredakteur der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) Ludwig Ring-Eifel wird am Dienstag um 20.15 Uhr von ARTE ausgestrahlt.



Wenige Tage vor dem 50. Jahrestag der Eröffnung des Konzils erläutern die Autoren, welche Fragen damals im Mittelpunkt standen, welche Konflikte sich entwickelten und wie die damals gefassten Beschlüsse bis heute nachwirken. Am 11. Oktober 1962 zogen 2.540 Konzilsväter aus 133 Ländern zur feierlichen Eröffnung in den Petersdom ein. In vier Sessionen, deren letzte am 8. Dezember 1965 zu Ende ging, diskutierten sie, wie sich die Kirche in einer sich verändernden Welt erneuern könnte. Papst Johannes XXIII. hatte das Konzil einberufen, weil er die Entfremdung der Menschen von der Kirche spürte.



Ein halbes Jahrhundert ist seitdem vergangen. Für viele Gläubige ist das Konzil längst ein historisches Ereignis. Vieles, was heute selbstverständlich erscheint, war damals revolutionär und für konservative Kirchenvertreter eine Provokation und Ungeheuerlichkeit. Dazu gehörten die Dokumente zur Anerkennung der anderen Religionen, der Ökumene und der Religionsfreiheit. So befand der konservative französische Erzbischof Marcel Lefebvre sogar, mit der Erklärung über die Religionsfreiheit habe der Teufel Einzug in die Kirche gehalten. Die Reformer, wesentlich durch deutsche, französische und niederländische Bischöfe vertreten, man nannte sie deshalb auch die "rheinische-Allianz", sahen sich jedoch durch die vorbereiteten Papiere der Kurie gebremst. Das Konzil wurde zu einem Ringen um Macht und Wahrheit, das sich über drei Jahre hinzog.



Geheime Wahrheiten werden nicht enthüllt

Stück für Stück arbeitet der Film die Positionen heraus, die im Verlauf des Konzils zu schwerwiegenden Kontroversen geführt haben, die bis heute nachwirken. Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) nahm an der Konferenz als Berater und Redenschreiber des Kölner Erzbischofs Kardinal Josef Frings teil. Auch er wurde durch das Konzil geprägt. Bis heute hält die Debatte zwischen Konservativen und Kritikern an. Längst aber hat sich die Welt weiterentwickelt. Für viele Gläubige in den ländlichen Gebieten Deutschlands ist nicht die Frage, wie sie die Messe feiern bestimmend, sondern eher die Frage, wohin sie am Sonntag fahren müssen, um an einer Messe teilnehmen zu können.



Das Schlüssellochbild am Anfang weckt den Gedanken, der Film enthülle geheime Wahrheiten. Das tut er nicht. Aber er eröffnet eine freie Sicht auf das die Kirche formende Konzil. Zu wenig weiß die allgemeine Öffentlichkeit heute, um welche Frage damals im Kern gerungen wurde. Der Film liefert dazu eine Fülle von Informationen - so viel, dass man geneigt ist, ihn ein zweites Mal anzusehen, um sie zu verarbeiten.



Hinweis: "Kampf um den Vatikan. Hinter den Kulissen des Konzils", Film von Holger Preusse und Ludwig Ring-Eifel. ARTE, Di 25.9., 20.15 - 21.10 Uhr. Zweiter Sendetermin: SR/SWR Fernsehen So 7.10., 11.00 - 11.45 Uhr.