Katholisches Gymnasium im Flutgebiet startet in den Schulalltag

"Es gibt Schmerzen im Alltag"

In NRW beginnt diese Woche wieder die Schule. Immer noch besonders herausgefordert sind Einrichtungen im Flutgebiet. Der Schulleiter des St. Angela-Gymnasiums in Bad Münstereifel spricht über Tests, Container und fehlendes Internet.

38 Container ergänzen das Schulgebäude des St.-Angela-Gymnasiums in Bad Münstereifel / © St.-Agnes-Gymnasium Bad Münstereifel (privat)
38 Container ergänzen das Schulgebäude des St.-Angela-Gymnasiums in Bad Münstereifel / © St.-Agnes-Gymnasium Bad Münstereifel ( privat )

DOMRADIO.DE: An Ihrer Schule gibt es 763 Schülerinnen und Schüler. Dreimal wöchentlich müssen diese nun getestet werden. Hinzu kommt das Schulpersonal. War das am Montag die erste Amtshandlung für alle?

Bernhard Helfer (Schulleiter des St. Angela-Gymnasiums in Bad Münstereifel): Ja, es ist aber nicht das erste Mal, dass wir alle Mitglieder der Schulgemeinschaft testen mussten. Tatsächlich ist es schon Routine geworden, wie an anderen Schulen auch. Das ging relativ reibungslos. Die Kolleginnen und Kollegen wussten im Vorfeld Bescheid. Die Tests lagen bereit und so liefen die Lehrerinnen und Lehrer mit den Kindern in die Klassen und haben die Schüler sich testen lassen. Das wird auch dokumentiert.

Neu ist, dass sich das Lehrpersonal unabhängig vom Impfstatus testen muss. Das ist auch erfolgt. Montags, mittwochs und freitags haben wir zu Unterrichtsbeginn dafür Zeit. Das geht natürlich zu Lasten des Unterrichts, ganz klar. Aber es lässt sich nicht verhindern.

DOMRADIO.DE: An Weihnachten sind viele Familien zusammengekommen. Waren bei Ihnen heute auch positive Fälle dabei?

Helfer: Nein - toi, toi, toi, es ist alles gut gegangen. Wir hatten im Vorfeld die eine oder andere Abmeldung, auch im Kollegium. Aber bei der Test-Aktion heute waren, Gott sei Dank, alle negativ.

DOMRADIO.DE: Das heißt der Schulstart ist geglückt?

Helfer Auf jeden Fall. Die Kolleginnen und Kollegen waren sehr gelassen. Die Schülerinnen und Schüler waren auch froh, wieder da zu sein. Ich habe ein paar Schüler gefragt: "Na, nochmal Lockdown?" Da hieß es "Ne, unter keinen Umständen! Schön, dass es wieder los geht. Wir sind froh, dass Schule im gewohnten Alltag auch stattfinden kann."

DOMRADIO.DE: Ihre Schule in Bad Münstereifel ist allerdings nicht nur durch die Pandemie, sondern auch durch die Flut des letzten Sommers gezeichnet. 500 Quadratmeter konnten Sie kompensieren, indem Sie 38 Container auf dem Schulgelände aufgestellt haben. Die Verwaltung war komplett zerstört. Wo sitzen Ihre Verwaltungskräfte jetzt?

Helfer: Unsere Verwaltungskräfte, wie auch die Schulleitung sind derzeit interimsmäßig in den beiden Musikräumen untergebracht.

DOMRADIO.DE: Das heißt der Musikunterricht fällt aus?

Helfer: Nein, der Musikunterricht wird vollumfänglich erteilt. Wir haben einen anderen Raum als Musikraum ausgewiesen und einen weiteren Raum für den Musikunterricht, der allerdings auch von anderen Fächern benutzt werden kann.

DOMRADIO.DE: Auch die Schul-Seelsorgerin sitzt in einem der Container. Ist dieser denn schon möbliert?

Helfer Da sprechen Sie ein Problem an. Ich war heute da und habe mir das nochmal angeschaut. Ja, es gibt Tische und Stühle, kleine Bistro-Sessel und eine sehr gemütliche Ecke. Was aber fehlt ist noch ein Schreibtisch, ein Schrank – diese ganz normalen Dinge, die man braucht, um handlungsfähig zu sein. Und was wirklich wehtut, ist, dass immer noch eine Telefon-, und noch wichtiger, eine Internetverbindung fehlt. Wir arbeiten daran und hoffen, dass wir die Ressourcen im Laufe der nächsten Wochen auch zur Verfügung gestellt bekommen.

DOMRADIO.DE: Was müsste sonst noch möglichst schnell gerichtet werden?

Helfer: An dieser Stelle muss ich erstmal ein ganz großes Lob und Dankeschön an alle Stellen richten, die dazu beigetragen haben, dass wir seit Ende Oktober alle Schülerinnen und Schüler wieder vor Ort unterrichten können. Das hat man sich in der Hochphase der Aufräumarbeit nicht vorstellen können. Auch vom Schulträger ist diesbezüglich Unglaubliches geleistet worden.

Allerdings gibt es Schmerzen im Alltag, die sehr drücken. Allen voran fehlen der Schule derzeit Versammlungsräume. Wenn pandemiebedingt auch eingeschränkt, ist es doch wichtig, dass man wenigstens Teile der Schulgemeinschaft versammeln kann. Das ist derzeit nicht gegeben. Wir haben von den 2.500 Quadratmetern rund 500 kompensieren können. Aber eine Sporthalle, eine Aula, eine Kapelle, wo wir Schülerinnen und Schüler und Teile der Schulgemeinschaft zusammenbringen können, gibt es nicht.

Außerdem haben wir seit Anfang Dezember die Möglichkeit, vom Schulleiterbüro aus das Altgebäude über eine Mikrofon Anlage anzusprechen, aber das gilt nicht für die Container. Nehmen wir mal als banales Beispiel eine Alarm-Übung. Das Auslösen eines Alarms für eine Trockenübung wollen wir gerade in der Situation gerade nach der Flut vermeiden. Man würde also ganz normal über Mikrofon sagen "Wir machen eine Alarm-Übung und jeder geht zum verabredeten Treffpunkt." Die Container können wir per Mikrofon nicht erreichen. Also müssen wir bei der nächsten Übung jemanden losschicken, der Richtung Container läuft und sagt: "Das ist eine Übung. Jeder tut bitte das, was er geübt hat." Der Rest wird dann über die Mikrofone kommuniziert. Das muss alles auf die Minute abgestimmt werden. Denn wir müssen protokollarisch festhalten, wie lange es dauert, um die Schule komplett zu evakuieren.

DOMRADIO.DE: Also Sie würden keine Sirene schalten, weil das eine Retraumatisierung auslösen könnte?

Helfer: Dem wollen wir unsere Schülerinnen und Schüler zur Zeit nicht aussetzen, richtig.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR