Martinshaus in Liepaja bietet den Armen Zuflucht

Hilfe für Menschen in Not

Liepaja ist die drittgrößte Stadt in Lettland. Sie wirbt für sich als Ostseebad mit schönen Stränden und reicher Kulturszene. Es gibt aber auch viel Armut in Liepaja. Inara Uzolina arbeitet im Martinshaus, einem Zufluchtsort für die Armen.

Essensausgabe in der Suppenküche  / © Werner Schüring (KNA)
Essensausgabe in der Suppenküche / © Werner Schüring ( KNA )

DOMRADIO.DE: Für wen genau ist ihr Haus ein Zufluchtsort?

Inara Uzolina (Vorstandsmitglied im Martinshaus): Das Martinshaus ist eine Organisation für Menschen in Not. Am Anfang war es nur ein Freundeskreis, der den Straßenkinder geholfen hat. Doch mit der Zeit kamen noch arme alleinerziehende Frauen und junge schwangere Mädchen dazu, die um Hilfe baten. So wurde ein Verein gegründet, um Spenden zu sammeln und diesen Menschen in Not besser helfen zu können. Vor vielen Jahren hatten wir ein Haus, in dem die Frauen Zuflucht finden konnten. Jetzt haben wir ein Tageszentrum.

DOMRADIO.DE: Mit was für Problemen kommen denn die Frauen zu ihnen?

Uzolina: Das größte Problem in all diesen Jahren ist die Armut. Menschen kommen zu uns, weil sie nicht mehr wissen, wie sie überleben können. Sie brauchen Lebensmittel, Medikamente, Kleidung, Strom, Heizung, Schulsachen. Es sind nicht nur Frauen, denen wir helfen. In der letzten Zeit sind es auch alleinerziehende Väter, auch alte, einsame Menschen.

DOMRADIO.DE: Sie betreuen um die 30 Familien. Wie kann man sich das vorstellen? Sie gehen richtig in die Familie, oder?

Uzolina: Ja, die Zahl ändert sich ständig. Da sind Familien, die von uns Lebensmittel oder irgendwelche andere Hilfe bekommen. Unsere Möglichkeiten und Kapazitäten sind begrenzt. Aber rund 30 Familien können regelmäßig helfen. In Zeiten von Corona liefern wir ihnen Lebensmittel und in unserem Zentrum gekochte Suppe zu den Familien nach Hause. Da helfen uns Freiwillige oder die Frauen selbst.

Aber wir haben auch eine Kleiderkammer und die Besuchszeiten werden so organisiert, dass man möglichst wenig Kontakt zueinander hat. Früher haben wir immer große Feiertage zusammen gefeiert wie Weihnachten, Ostern. Da kamen bis zu 150 Personen zusammen. Tanzen, Singen und Spaß in so eine familiäre Atmosphäre, das war so wichtig für alle. Jetzt vermissen wir das. Aber ich hoffe, dass wir vielleicht nächstes Jahr wieder zusammen feiern können.

DOMRADIO.DE: Sie setzen nicht nur auf materielle Unterstützung, sondern Sie machen auch Bildungsangebote. Was sind das zum Beispiel für Angebote?

Uzolina: Neben der materiellen Hilfe haben wir auch immer Bildungsunterstützung gegeben. Das ist sehr wichtig, in einer Notlage einen Ausweg zu suchen, damit man nicht ständig in dieser Situation bleibt. Wir haben den Frauen regelmäßig Seminare zu verschiedenen Themen angeboten. Das waren sehr praktische Seminare, in denen sich Frauen zusammen mit den Seminarleitern mit verschiedenen Themen auseinandergesetzt haben. Zum Beispiel wie man seine Gesundheit pflegt und Immunität stärkt.

Es ging um viele einfache Fragen, die für viele ganz selbstverständlich sind. Für Menschen aus sozial unsicheren Umständen sind es aber häufig neue Informationen. Wie man zum Beispiel mit Geld umgeht, das Planen der Ausgaben. Das waren auch ganz gefragte Seminare.

DOMRADIO.DE: Sie versuchen den Menschen in Not neue Perspektiven zu geben, vor allen Dingen auch Frauen und Kindern. Was für Perspektiven sind das denn?

Uzolina: Für uns ist es wichtig, dass jede Frau und ihr Kinder in Not versteht, dass es einen Ausweg gibt. Dass es wichtig ist, einen Ausweg zu suchen und sich nicht nur als Mensch ohne Perspektive zu sehen. In der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen fördern wir begabte Kinder, bezahlen für sie die Musikschule und andere Bildungsmöglichkeiten.

Die Frauen informieren wir, wo sie eine Weiterbildung oder juristische Beratung bekommen können. Für uns ist es wichtig, dass sie ihr Leben selbst in den Griff bekommen. Ich muss sagen, es hängt auch sehr viel von der Person ab. Gott sei Dank haben wir sehr viele gute Beispiele erlebt, wo die Familie in einer sehr großen Not dank der Unterstützung ein selbstständiges gutes Leben begonnen hat. Und das ist die beste Belohnung.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR