Missbrauchsbetroffene fordert Konsequenz von Bischof Meister

"Wichtig und richtig"

Eine Betroffene von sexueller Gewalt in der evangelischen Kirche wirft dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister schwere Versäumnisse bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen vor. Sie stützt sich auf Ergebnisse der ForuM-Studie.

Autor/in:
Martina Schwager
Der leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland, Ralf Meister, am 11.11.2023 vor Journalisten in Ulm während der Tagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands / © Heike Lyding (epd)
Der leitende Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland, Ralf Meister, am 11.11.2023 vor Journalisten in Ulm während der Tagung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands / © Heike Lyding ( epd )

"Ich würde einen Rücktritt von Bischof Meister für wichtig und richtig halten", sagte die unter dem Pseudonym Lisa Meyer auftretende Frau dem Evangelischen Pressedienst (epd). Meyer hat sich viele Jahre für die Aufklärung von Missbrauchsfällen aus den 1970er Jahren in der evangelischen Kirchengemeinde Oesede bei Osnabrück eingesetzt.

Sie sagte, die inzwischen erfolgte wissenschaftliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle von Oesede habe nachweislich schwere Versäumnisse, Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen, Verschleppung und Vertuschung sowie defizitäre Arbeitsbedingungen in der Ansprechstelle für Opfer sexualisierter Gewalt in der hannoverschen Landeskirche dokumentiert.

Konsequenten Verantwortungsübernahme

Das alles gehe auch auf das Konto des seit 2011 amtierenden Landesbischofs Meister. "Wenn nicht jetzt, wann dann sollten personelle Konsequenzen folgen?", fragte Meyer. Im Sinne einer konsequenten Verantwortungsübernahme müssten sowohl die Landeskirche als auch der Landesbischof jetzt ein deutliches Zeichen setzen.

Lisa Meyer war in den Jahren 1973 und 1974 als Elfjährige von einem angehenden Diakon der Kirchengemeinde Oesede mehrfach schwer missbraucht worden. Der Fall wurde zunächst vertuscht. Eine systematische Aufarbeitung begann erst 2021 und mündete in eine vor zwei Wochen veröffentlichte Studie, die weitere sexuelle Übergriffe des Diakons an mindestens sieben Betroffenen aufdeckte.

Standards und Konzepte

Meyer sagte: "Es müssen jetzt klare Standards entwickelt werden, wie Aufarbeitungsprozesse vor Ort gestaltet werden sollen." Zudem forderte sie einen Perspektivwechsel "weg vom Schutz der Institution und hin zu den Betroffenen" sowie ein unabhängiges Gremium, das die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der hannoverschen Landeskirche kontrolliert.

Bei der Erarbeitung von Konzepten sollten Betroffene und Kirchengemeinden unbedingt einbezogen werden, betonte Meyer. Es müsse Supervisionen und nach jedem Fall eine Evaluation geben. Bei der Aufarbeitung ihres Falles 2021 habe all das gefehlt. Sie habe die beteiligten Theologen vor Ort als überfordert und hilflos erlebt. Die Landeskirche habe sich jedoch nach ihrem Eindruck immer damit gebrüstet, sie sei in puncto Aufarbeitung ganz vorn mit dabei. "Gemessen an dem Image, das sie sich selbst gegeben hat, klafft da eine Riesenlücke", sagte Meyer.

Missbrauchsfälle in der evangelischen Kirchengemeinde Oesede

In den 1970er Jahren hat der angehende Diakon G. in einer Kirchengemeinde in Oesede bei Osnabrück mindestens acht Kinder missbraucht. Der damalige Pastor vertuschte die von Eltern geäußerten Verdächtigungen.

2010 meldet sich erstmals eine Betroffene bei der hannoverschen Landeskirche. Die leitenden Theologen verweisen auf die Verjährung der Taten.

Die unter dem Pseudonym Lisa Meyer auftretende Frau drängt ab 2020 auf die Aufarbeitung ihres Falles. Der Diakon und der Pfarrer sind zu dieser Zeit bereits gestorben.

Symbolbild sexualisierte Gewalt / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild sexualisierte Gewalt / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
epd