Kirche begleitet Friedensprozess in Kolumbien

Eine Frage des Vertrauens?

Die katholische Kirche und UN-Vertreter sitzen mit am Tisch, wenn Regierung und Streikkomitee in Kolumbien verhandeln. Zu bereden gibt es eine ganze Menge.

Konflikt in Kolumbien / © Roger Rondon (shutterstock)

Schon seit Ende April gibt es in Kolumbien Sozialproteste. Die überwiegend friedlichen Demonstrationen meist junger Menschen richteten sich anfangs gegen eine inzwischen zurückgenommene Steuerreform. Doch seither geht es um weit mehr: um den Umgang des Staates mit Demonstrationen, Polizeigewalt und um soziale Gerechtigkeit. Weil sich aber unter die Demonstranten auch einige Gewalttäter mischten, Beamte in Zivil wie in Uniform auf Protestierende schossen, hat sich der Riss zwischen Staatsmacht und Bevölkerung vertieft.

Die verschiedenen Akteure vertrauen der Kirche 

Nun versucht ein vor allem mit Gewerkschaftern besetztes Komitee mit der Regierung die Krise zu lösen. "Während dieses Streiks haben sich die Vertreter des Komitees dafür ausgesprochen, dass Vertreter der katholischen Kirche und der Vereinten Nationen dabei sind. Auch für uns als Regierung ist wichtig, dass die beiden Institutionen vertreten sind, damit sie dafür sorgen und Druck machen können, dass der Dialog zu wirklichen Verhandlungen führt", sagte Vizepräsidentin Marta Lucia Ramirez im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Die Kirche als Institution hat den Vorteil, dass ihr sowohl der Staat als auch die verschiedenen Akteure der bewaffneten Gruppen vertrauen", so die konservative Politikerin.

Prälat Hector Fabio Henao, der als Vertreter der Kirche die Treffen begleitet, hält fest: "Wir treten nun in eine Phase der Reflexion ein." Das solle neue Perspektiven auf die Notwendigkeiten der Gesellschaft öffnen. Die Kirche stehe bereit, diesen Prozess weiter zu begleiten, so Henao - auf nationaler Ebene wie in den Regionen. Zugleich bekräftigt er die Nähe der Kirche "zu den verwundbarsten Bevölkerungsschichten, vor allem zur Jugend".

Friedensverhandlungen mit Guerilla wieder aufnehmen 

Das ist allerdings nicht der einzige gesellschaftliche Konfliktherd, in dem ihre vermittelnde Kraft gefragt ist. Zuletzt hatten die Zivilgesellschaft und auch die Kirche Kolumbiens Regierung immer wieder aufgefordert, die Friedensverhandlungen auf Kuba mit der marxistischen ELN-Guerilla wieder aufzunehmen - bisher allerdings vergeblich. "Unsere Regierung ist natürlich daran interessiert, dass eine bewaffnete Gruppe sich auflöst, die diesem Land so viel Schaden und Zerstörung gebracht hat", so Vizepräsidentin Ramirez. Die ELN rekrutiere "immer noch Kinder aus Familien oder indigenen Gemeinden für den Konflikt, um ihnen beizubringen, wie man mit Sprengstoff hantiert oder Anti-Personen-Minen verlegt".

Von Seiten Kubas und der ELN gebe es zu wenig Bewegung, beklagt sie. Präsident Ivan Duque habe Bedingungen für ein Friedensabkommen gestellt: einen totalen Stopp der Rekrutierung von Kindern, von Geiselnahmen und jeglichen terroristischen Aktivitäten. Kubas Regierung müsse mit dem kolumbianischen Staat kooperieren und jene ELN-Mitglieder ausliefern, die sich unter ihrem Schutz dort aufhalten - "und auf die bereits seit vielen Jahren Gerichtsverfahren warten".

Die derzeit auf Eis liegenden Friedensgespräche zwischen der Regierung in Bogota und der ELN begannen Anfang 2017, noch unter dem damaligen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Im Mai 2018 wurden sie nach Havanna verlegt. Nach einem ELN-Bombenattentat im Januar 2019 auf eine Polizeischule in Bogota, bei dem 22 Menschen starben und 66 verletzt wurden, stellte der nun amtierende Präsident Duque den Trialog ein.

Von Tobias Käufer


Kolumbien, Bogota: Ein Polizist drückt einen regierungskritischen Demonstranten während Zusammenstößen zu Boden / © Ivan Valencia (dpa)
Kolumbien, Bogota: Ein Polizist drückt einen regierungskritischen Demonstranten während Zusammenstößen zu Boden / © Ivan Valencia ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema