Österreichs Pastoraltheologen ringen um Zukunft der Theologie

Das Verstummen abwenden

Wie es mit der Theologie weitergeht, ist keine neue Frage. Erneut befassen sich Pastoraltheologen aus Österreich mit dem Thema. Sie fordern eine Wissenschaft der kreativen Diskurse und der offenen Konfrontation mit Methoden der Gegenwart.

Autor/in:
Annika Schmitz
Symbolbild Studierende der Theologie in einem Hörsaal / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Symbolbild Studierende der Theologie in einem Hörsaal / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

In einem Statement auf dem Online-Feuilleton "feinschwarz" von Anfang Mai zeigen sie sich besorgt über die Zukunft der Theologie.

Damit setzen die Hochschullehrenden einen neuen Schwerpunkt in einer alten Debatte. Denn es geht nicht nur um kirchenpolitische Diskurse und um die Verhältnisbestimmung der Theologie zu anderen Wissenschaften oder um ihr Selbstverständnis.

Theologie habe, so der Beitrag aus Österreich, eine säkulare Aufgabe. "Es gibt sie nicht für sich, sondern um Probleme zu lösen, die ohne sie schwer lösbar wären." Ein durchaus hehrer Anspruch in einer Zeit, in der die Stimme der Theologie in öffentlichen Debatten nur sehr leise zu hören ist.

Drohendes Verstummen der Theologie

Es drohe, so der Text, "was nie passieren darf: das Verstummen der Theologie als kritischer Einspruch gegen die gewinnorientierte Verwaltung der Welt". Daher brauche es keinen Abbau, sondern einen Aufbruch der Theologie. Sie müsse kreative Diskurse zwischen "den Archiven der Tradition und den konkreten Praktiken einer bunten und intensiven, oft auch dramatischen und widersprüchlichen Wirklichkeit" initiieren.

Der Beitrag reagiere auch auf aktuelle Vorschläge, mehr noch aber auf eine sich abzeichnende Situation, so der Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Das Augenmerk der Pastoraltheologen liege nicht nur auf dem Rückgang der Studierendenzahlen und der Frage nach den Standards der wissenschaftlichen Theologie. "Wir wollten auf einen dritten Punkt hinweisen, auf das päpstliche Stichwort des kulturellen Laboratoriums und die Frage: Was kann die Theologie beitragen an Analysen und Konzepten für eine gute Zukunft der Gesellschaft?"

Wenn aber diesem Anspruch des Textes Rechnung getragen werden soll, wird die Theologie kaum umher kommen, sich auch den Anfragen anderer Disziplinen zu stellen und sich der eigenen Standards zu vergewissern. In diesem Sinne stellen die Pastoraltheologen fest: "Wir brauchen eine Theologie, deren Disziplinen sich offensiv mit den Wissensbeständen und Wissenschaftsmethodiken der Gegenwart konfrontieren."

Forderungen sind nicht unbekannt

Unbekannt sind solche Forderungen nicht. Im Januar 2010 legte der deutsche Wissenschaftsrat seine "Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen" vor. Die Fächer der theologischen Fakultäten sollten intern stärker zusammenarbeiten und sich zugleich noch mehr an fakultätsübergreifenden interdisziplinären Forschungen beteiligen, heißt es darin.

Neben den fachinternen und -externen Selbstvergewisserungen geht es aber auch um nicht weniger als den Fortbestand der Theologie an staatlichen Hochschulen und somit um konkrete kirchenpolitische Entscheidungen. Die Studierendenzahlen in der Volltheologie sinken seit Jahren sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Die Anwärter für das Priesteramt gehen vielerorts drastisch zurück.

Ähnlich wie in Deutschland sichert auch in Österreich ein Konkordat die Sicherstellung der Fakultäten. Die 1933 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat regelt unter anderem die freie Religionsausübung, den Religionsunterricht an staatlichen Schulen und die Ausbildung des Klerus an "den vom Staate erhaltenen katholisch-theologischen Fakultäten oder an den von den zuständigen kirchlichen Stellen errichteten theologischen Lehranstalten".

Es geht um Existenz der Fakultäten

In Deutschland ist die Existenz der Fakultäten per Konkordate an die Priesteramtsausbildung gebunden. Die damit verbundene Problematik zeigte sich zuletzt in Bochum. Nachdem das Bistum Essen dafür votierte, seine Priesteramtsausbildung wegen stark sinkender Zahlen nach Münster zu verlegen, stand der Bestand der Ruhr-Fakultät auf der Kippe.

Auch durch den Einsatz der dortigen Professoren konnte im Oktober 2018 die Existenz der Bochumer Katholisch-Theologischen Fakultät gesichert werden. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, unterzeichneten eine entsprechende Vereinbarung und sicherten damit den Erhalt der Fakultät - fortan unabhängig von der Priesteramtsausbildung.

Trotz dieser bisher einzigartigen Aktion ist die Frage nach dem Erhalt der Fakultäten alles andere als geklärt. Nach Plänen einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz soll die Priesterausbildung wegen anhaltend geringer Zahlen auf wenige Standorte konzentriert werden.

Auch wenn der Untersekretär der vatikanischen Bildungskongregation, Friedrich Bechina, darin keine Gefahr für den Erhalt der Fakultäten sieht - Konkordate seien keine "in Stein gemeißelte Dogmen, sondern regeln eine dynamische Beziehung zwischen Kirche und Staat im Interesse von beiden" -, dürfte die Stimmung an den Hochschulen eine andere sein.

In Österreich ist die Lage dahingehend etwas anders, heißt es aus universitären Kreisen. Die deutsche Problematik gebe es in dieser Form dort nicht. Ein Abzug der Priesterseminare von den vier staatlichen Universitäten Wien, Salzburg, Innbsruck und Graz sei nicht geplant.

Doch wie es mit der universitären Theologie weitergeht, wird sich in Zukunft auch daran messen lassen müssen, inwiefern die Standards der wissenschaftlichen Theologie und der Diskurs mit anderen Disziplinen gewahrt und ausgebaut werden - um dann tatsächlich wieder ihrem Auftrag als kritischer Stimme gerecht zu werden.


Quelle:
KNA