Ein Jahr Corona im Heiligen Land

Hoffen auf ein bisschen Normalität in der Karwoche

Im Heiligen Land liegt der Pilgerbetrieb weiter brach. Eine Katastrophe für den Arbeitsmarkt und die Familien, die vom Tourismus leben. Die Franziskaner versuchen, den Stillstand zumindest für die Zeit danach zu nutzen.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Kreuzweg in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Kreuzweg in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Ein Jahr nach Beginn der Pandemie mit drei Lockdowns und noch weitgehend geschlossenen Außengrenzen erwacht Israel langsam aus der Corona-Starre. Pünktlich zur Feiertagssaison um Pessach, Ostern und Ramadan erlauben Lockerungen einen Hauch lang ersehnter Normalität auch im gottesdienstlichen Leben. Die Chancen stehen gut, dass das Land zu den Feiertagen ohne zusätzliche Einschränkungen auskommt: Mit 4,3 Millionen Menschen haben inzwischen fast die Hälfte der Israelis die zweite Impfung erhalten. Die Palästinenser stehen unterdessen weiter unter Lockdown.

Immer noch steigen in den Palästinensergebieten die Infektionszahlen. Zuletzt hatten die palästinensischen Behörden den Lockdown erneut verlängert. Impfstoffe kommen nur langsam an; die Immunisierungskampagne für rund fünf Millionen Menschen im besetzten Westjordanland und dem Gazastreifen steht erst am Anfang. Ein kleiner Trost mag sein, dass auch die palästinensischen Katholiken Ostern nach dem orthodoxen Kalender feiern: Die Hoffnung liegt auf einer Besserung der Lage bis 2. Mai.

Maximal 500 Betende

In Israel hingegen dürfen neben Cafes, Museen und Parks auch Synagogen, Kirchen und Moscheen wieder mehr Gläubige begrüßen. Die Hälfte aller Sitzplätze dürfen genutzt, maximal 500 Betende versammelt werden. "Karfreitag 2020 sind wir den Kreuzweg mit vier Personen gegangen. Dieses Ostern wird besser, weil wir mit der Gemeinde feiern können", sagt Ibrahim Faltas, Direktor der franziskanischen Schulen und des Gästehauses "Casa Nova" in Jerusalem zeigt sich verhalten positiv. Voraussichtlich werde man alle Feiern einschließlich der 2020 entfallenen Palmsonntagsprozession durchführen können. Die behördlichen Regeln sollen "selbstverständlich eingehalten, ihr Spielraum ausgeschöpft" werden.

Noch warte man die aktuellen Entwicklungen ab, sagen die beiden wichtigsten katholischen Vertreter im Heiligen Land, der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, und sein franziskanischer Mitbruder, Kustos Francesco Patton. Ein Jahr mit dem Virus hat Vorsicht bei Prognosen und ein genaues Beobachten gelehrt. Dennoch: "Unsere Hoffnung ist, auf mehr oder weniger 'normale Art' alle Feiern der Heiligen Woche zu feiern", so Patton auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Durststrecke wird andauern

Ein bisschen Normalität erhofft sich auch Israels Tourismusbranche. Seit kurzem dürfen Hotels mit Einschränkungen wieder öffnen. Das siebentägige Pessachfest, das in diesem Jahr am Abend des 27. März beginnt, ist sonst Hochsaison für jüdische Touristen aus den USA und Europa. Zwar scheitern sie wie christliche Pilger in diesem Jahr am Einreiseverbot für Nicht-Israelis. Die Binnennachfrage durch reisehungrige Israelis scheint die Ausfälle aber zumindest teilweise aufzufangen.

Für viele christliche Einrichtungen wie die Gästehäuser der Franziskaner in Jerusalem, Nazareth, Tiberias, Tabor und Bethlehem wird die Durststrecke unterdessen länger andauern. Vor Corona waren die Casae Novae, die ausschließlich Pilgern offenstehen, auf drei Jahre hinaus ausgebucht, erklärt Faltas. Nun sind erstmals in ihrer Geschichte alle sechs Häuser seit einem Jahr geschlossen. "Am 16. März 2020 ist die letzte Pilgergruppe abgereist, bis Herbst hinein sind alle Buchungen storniert."

"94 Prozent der Christen ihre Arbeit verloren"

Der Ägypter, der 1989 ins Heiligen Land kam, hat beide Intifadas erlebt und während der Belagerung Bethlehems 2002 rund vierzig Tage in der Geburtskirche ausgeharrt. "Eine Situation wie die Pandemie habe ich hier noch nie gesehen! In Bethlehem etwa, wo fast alle im Tourismus arbeiten, haben 94 Prozent der Christen ihre Arbeit verloren", sagt Faltas. Wo immer es geht, machen die Franziskaner aus der Not eine Tugend. Durch den ausbleibenden Pilgerstrom leere Einrichtungen und Heilige Stätten werden renoviert, den Menschen so Arbeit vermittelt, das katholische Heilige Land für die Nach-Corona-Zeit aufgefrischt.

Einen positiven Effekt der Pandemie erhofft man sich unterdessen beim vom Opus Dei geführten "Saxum-Besucherzentrum" in Abu Gosch. Dessen vor rund zwei Jahren gestartetes Projekt eines 18 Kilometer langen "Emmaus-Trails" von Abu Gosch nach Emmaus-Nikopolis bei Latrun steht kurz vor dem Abschluss. In Kürze sollen ein eigener Wanderführer und eine App veröffentlicht werden, erklärt Autor Henri Gourinard. Das Wandern auf den Spuren Jesu sei nicht nur ein "laufendes Gebet" für christliche Pilger. Die Freiluftaktivität passe auch zu den veränderten Bedürfnissen einer Post-Corona-Welt.


Quelle:
KNA