Wie Exorzisten in den USA die Innenpolitik reinigen wollen

Der Teufel steht links

Konservative Kleriker in den USA entdecken den Exorzismus neu. Sie benutzen die Austreibung des Leibhaftigen als ein politisches Instrument, andere sprichwörtlich zu verteufeln. Das liegt in den USA offenbar gerade im Trend.

Autor/in:
Thomas Spang
Priester mit Kreuz und Exorzismus-Handbuch / © Alexander Brüggemann (KNA)
Priester mit Kreuz und Exorzismus-Handbuch / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Als Demonstranten das Denkmal des heiligen Junipero Serra im Oktober 2020 vom Sockel holten, schritt Erzbischof Salvatore Cordileone zur Tat. Flankiert von Gemeindemitgliedern, Priestern und Ordensfrauen führte er am Ort des Geschehens zur Empörung der Ureinwohner einen Exorzismus durch.

Viele fühlten sich dadurch provoziert, weil sie das Böse nicht hinter den Denkmalstürmern ausmachten, sondern in der Verehrung eines Mannes, dem brutale Zwangsmissionierung indigener Völker zur Last gelegt wird.

Dass der kontroverse Erzbischof von San Francisco anschließend zu einer Abtreibungsklinik weiterzog, um dort Böses zu vertreiben, empfanden Kritiker ebenso als Schlag vor den Kopf. Der Erzbischof leitet in der US-Bischofskonferenz immerhin den wichtigen Ausschuss für Ehe und Familie.

Bewegung unter konservativen US-Katholiken

Er stellte sich damit an die Spitze einer Bewegung unter konservativen US-Katholiken, die den Kampf gegen Satan als ein politisches Instrument entdeckt haben. Verteufelung von Personen und Gruppen, die andere Überzeugungen haben, hat zuletzt Konjunktur.

Für Schlagzeilen sorgte in Wisconsin der katholische Pfarrer John Zuhlsdorf, der im Livestream einen Exorzismus durchführte, um den vermeintlichen "Wahlbetrug" an Donald Trump rückgängig zu machen. Die Diözese Madison trennte sich von dem eifrigen Zuhlsdorf, der die erteilte Genehmigung einer Austreibung - eigentlich gegen die Geißel der Pandemie gedacht - politisch missbraucht hatte.

Provokant war auch ein Mann namens David Fulton, der sich bei der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar mit Priesterkragen unter die Rechtsradikalen mischte. Fulton wähnte im Tempel der US-Demokratie den "Dämon namens Baphomet", der "das Land auflösen" wolle. Die Aufständischen bezeichnete er dagegen als Menschen, die sich "einfach nur Sorgen machten".

Dass der Teufel links stehe, glaubt auch Erzbischof Alexander Sample aus Portland/Oregon, der nach vier Monaten Protesten gegen Rassismus und Polizeikrawall kurz vor den Wahlen zur Tat schritt. Er betete zusammen mit 200 Menschen um "Befreiung vom Bösen", das er in den Protesten am Wirken sah.

Die katholische Kirche versteht unter Exorzismus "eine spezifische Form des Gebets gegen die Macht des Teufels" - dessen reale Präsenz auch Papst Franziskus anerkennt. In Rom können sich Priester aus der ganzen Welt in den Ritualen der Austreibung unterweisen lassen.

Teufelsaustreibungen liegen in den USA im Trend

Offizielle Statistiken existieren zwar nicht; aber Geistliche, die Exorzismen durchführen, berichteten dem Magazin "The Atlantic" schon 2018, dass Teufelsaustreibungen in den USA im Trend liegen. Das lässt sich an der Zahl der Geistlichen festmachen, die als Exorzisten tätig sind. Waren es 2011 noch rund ein Dutzend, liegt die Zahl in den USA heute bei deutlich über 100.

Pater Vincent Lampert meint, es wäre ein Fehler, Menschen allein zu lassen, die sich vom Teufel besessen sehen. Er ist nicht nur Chef-Exorzist der Erzdiözese Indianapolis, sondern auch der dienstälteste in den USA. Seine Erfahrungen dokumentierte er in dem Buch "Exorzismus: Der Kampf gegen Satan und seine Dämonen": ein spiritueller Kampf, der wenig mit politischer Instrumentalisierung zu tun hat.

Seinen Job sieht Lampert eher nüchtern. Wenn die Kirche nicht bereit sei, Menschen zu helfen, die sich vom Dämon besessen glauben, "werden sie sich woanders hinwenden". Das sei nicht unbedingt "die Hilfe, die sie brauchen". Das stärkste Bollwerk gegen den Leibhaftigen, so der Exorzist, seien die ganz grundsätzlichen Dinge des Glaubens: "die Sakramente feiern, beten und die Bibel lesen".


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema