In den USA werden die Folgen von Corona immer stärker sichtbar

Trauer in Zeiten der Pandemie

Die Corona-Pandemie verändert den Alltag von Millionen Menschen weltweit - auch in den USA. Das zeigt sich unter anderem beim Abschied von Verstorbenen.

Autor/in:
Thomas Spang
Leichenwagen in den USA / © Elise Amendola (dpa)
Leichenwagen in den USA / © Elise Amendola ( dpa )

Die kurze Mitteilung in der Todesanzeige klingt nüchtern. "Eine Messe zu Ehren seines Lebens wird zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden", kündigen die Hinterbliebenen an.

Ihnen bleibt keine andere Wahl. Ein Gottesdienst mit anschließender Beerdigung im Beisein von Familie, Verwandten, Freunden, Kollegen und Nachbarn des 87-jährigen Verstorbenen kommt wegen der Corona-Pandemie nicht in Frage.

Beisetzung im kleinsten Kreis

So ähnlich wie in diesem Fall geht es tausenden Trauernden überall in den USA, wo die Richtlinien der Regierung keine Versammlungen mit mehr als zehn Personen mehr erlauben. Viele Bundesstaaten haben die Kontaktvorschriften noch enger gefasst, sodass der letzte Gang verschoben oder der Verstorbene im kleinsten Kreis beigesetzt wird.

Das erschwere die Trauer der Hinterbliebenen enorm, sagt der Psychologe Robert. A. Neimeyer. Ob Gottesdienst oder Beerdigung - das Ritual werde gebraucht, sagt er der "Washington Post". "Aber es wird uns durch die Krise verwehrt."

Die Zeitung hatte über die Beerdigung eines beliebten Kinderarztes aus San Antonio im Bundesstaat Texas berichtet, der im Alter von 83 Jahren verstorben war. Zu den Trauerfeierlichkeiten wären vermutlich Hunderte gekommen, hieß es aus Bruce Mewbornes Familie. Doch jetzt standen nur seine Frau und die Kinder am Grab. Die Letzte Ölung hatte der Pfarrer bereits alleine mit Handdesinfektionsmittel und Mundschutz vollzogen.

Ob Corona-infiziert oder nicht - die von den Behörden verhängten Restriktionen am Krankenbett, in der Kirche und auf dem Friedhof treffen alle. In Orange, im Bundesstaat Kalifornien, verfügte die Kommune kürzlich, dass nur noch ein Verwandter und der Pfarrer beim letzten Gang zur Grabstätte dabei sein dürfen. "Wir nehmen die Toten einfach mit und begraben sie", sagt der Bestatter Terry Harmono.

Veränderte Details

Auch Details verändern sich. Bei seinem Kollegen Bill Simpson in Sheridan in Michigan können sich die Hinterbliebenen nur noch online in das Kondolenzbuch eintragen. Ein Bestatter in Jackson in Tennessee erlaubt noch eine handschriftliche Notiz - aber nur mit einem selbst mitgebrachten Stift.

In San Antonio, wo Kinderarzt Mewborne seine letzte Ruhestätte fand, öffnen Kirchen ihre Portale und geben von der Straße den Blick frei auf Sarg oder Urne. Familie und Freunde können den Verstorbenen aus dem Auto heraus die letzte Ehre erweisen. Ein anderes Modell sieht eine Art Beerdigung in Etappen vor. In diesem Fall dürfen jeweils zehn Personen nacheinander Abschied nehmen.

Die "New York Times" berichtete über den letzten Weg für die verstorbene Flo Werner in Janesville im US-Bundesstaat Wisconsin. An dem Trauergottesdienst in der katholischen Kirche nahmen nur die neun Enkel teil. Deren Eltern saßen vor der Kirche im Auto und verfolgten den Gottesdienst via Life-Stream auf dem Handy. Möglich machte das ein You-Tube-Kanal, den das Bestattungsunternehmen eigens eröffnet hatte. Binnen Stunden zählte das Angebot 1.500 Abonnenten.

So einfallsreich die Bestatter auch werden, so belastend sind die Gespräche mit den Angehörigen, die oft kein Verständnis für die Einschränkungen haben. Die Anrufe bei den trauernden Familien seien quälend und belastend, berichtet Russ Weeks, der ein Bestattungsunternehmen im Bundesstaat Washington führt.

Viele wollen weder das einsame Begräbnis noch eine Videoübertragung. Sie hoffen auf ein baldiges Ende der Pandemie und bitten Bestatter um einen späteren Beerdigungstermin. Doch die haben wegen der Corona-Krise bei allem guten Willen ein ganz praktisches Problem. Die Kapazitäten in den gekühlten Leichenhallen reichen nicht aus, den Hinterbliebenen diesen Wunsch zu erfüllen.


Quelle:
KNA