Wer ist Kurienkardinal Robert Sarah?

Der Afrikaner verkörpert den konservativen Flügel im Vatikan

Ein neues Buch, an dem der Ex-Papst mitwirkte und das dem regierenden Papst in die Parade fährt, sorgt für Furore. Publiziert wurde es vom einzigen Kurienkardinal in Leitungsfunktion, der den Kurs von Franziskus kritisiert.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Kardinal Robert Sarah / © Benedikt Plesker (KNA)
Kardinal Robert Sarah / © Benedikt Plesker ( KNA )

Am Montagabend suchte Kurienkardinal Robert Sarah die Offensive. Da man ihn der Lüge bezichtige, werde er "Beweise dafür vorlegen", dass er eng mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. zusammengearbeitet habe, um "den Text" zur Verteidigung des Zölibats zu verfassen, der derzeit weltweit für Schlagzeilen sorgt. Via Twitter veröffentlichte er drei Schreiben des Ex-Papstes, die mit "Benedetto XVI" unterzeichnet sind.

Doch die vermeintliche Beweisführung verpuffte. Denn tatsächlich erschließt sich aus den Briefen Ratzingers seit Mitte September nicht wirklich eine Co-Autorenschaft für Sarahs neues Buch zum Zölibat. Am Dienstag schließlich dementierte Benedikts XVI. Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) eine Co-Autorenschaft. Das fertig gedruckte Buch könne so nicht erscheinen. Benedikt XVI. habe er am 25. November lediglich die Publikation eines Aufsatzes über das Priestertum erlaubt, den er im Sommer 2019 verfasst habe.

Kritiker des Reformkurses von Papst Franziskus

Es scheint, als sei Kardinal Sarah zu weit gegangen. Wer ist der Mann, der sich traut, in einer der heikelsten Fragen der katholischen Kirche zwischen zwei Päpsten zu jonglieren? Zunächst: als Präfekt der Liturgiekongregation einer der einflussreichen Männer im Vatikan. Der höchstrangige Afrikaner der Weltkirche. Und einer, der sich zum ausgesprochenen Kritiker des Reformkurses von Papst Franziskus entwickelt hat - und das in Amt und Würden. Einen ernsten öffentlichen Rüffel von Franziskus im Herbst 2017 ignorierte er, ohne seinen Stil zu ändern.

Seine steile Kirchenkarriere machte der 74-jährige Sarah vor allem unter Johannes Paul II. (1978-2005) und Benedikt XVI. (2005-2013). Geboren am 15. Juni 1945 in der Stadt Ourous im westafrikanischen Guinea, wurde er 1969 in seiner Heimatdiözese Conakry zum Priester geweiht. Er studierte unter anderem Theologie und Bibelwissenschaften an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom sowie in Jerusalem. Im August 1979 ernannte Johannes Paul II. den damals nur 34-Jährigen zum Erzbischof von Conakry - Sarah war zu diesem Zeitpunkt der jüngste Bischof der Welt. 2001 wechselte er als Sekretär der Missionskongregation nach Rom.

Zunächst unterstützt durch beide Päpste

Benedikt XVI. machte den konservativen Theologen im Oktober 2010 zum Präsidenten des Päpstlichen Rates Cor unum - damals eine Art vatikanischer "Entwicklungshilfeminister". Papst Franziskus beförderte ihn im November 2014 zum Präfekten der vatikanischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, also einer Art Liturgieminister; wohl auch in der Überzeugung, den konservativen Flügel einbinden zu können.

Sarah macht mit seinen Aussagen als Hüter des rechten Glaubens auch wenig Hehl daraus, was er von Reformgedanken seines Vorgesetzten Franziskus hält. Bereits in der innerkirchlichen Debatte über Ehe und Familie fiel er durch gewagte Nationalsozialismus-Vergleiche auf. Bei einer Liturgie-Konferenz in London 2016 ermunterte er die Priester, wieder wie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) mit dem Rücken zur Gemeinde zu zelebrieren. Der Vatikan bemühte sich, die Aussagen interpretativ einzufangen. Immer wieder forderte Sarah als Behördenleiter eine "Reform der Reform" der konziliaren Liturgie.

Im Herbst 2017 folgt der Rüffel

Im Herbst 2017 wurde es dann ungemütlich. In einem beispiellosen Vorgang erteilte der Papst Sarah als einem seiner Minister einen Rüffel, sogar vom Vatikan veröffentlicht. Franziskus wies ihn per Brief auf Fehlinterpretationen zu einem Papsterlass hin, der den örtlichen Bischofskonferenzen mehr Spielraum bei der Übersetzung liturgischer Texte einräumte - und damit Sarahs Behörde beschnitt.

Der Kardinal streute dagegen einen Kommentar, nach dem das letzte Wort weiter bei ihm und seiner Behörde liege. Franziskus machte öffentlich deutlich, es sei falsch, die Übersetzung wichtiger liturgischer Texte "von oben herab" den Bischofskonferenzen "aufzuzwingen".

Die Rüge verhinderte offenbar nicht, dass der Kardinal auf seinem Kurs weiterfuhr. Wie sonst wäre zu deuten, dass Sarah wenige Tage bevor sich der amtierende Papst Franziskus erklärtermaßen in der Zölibatsfrage äußern will, ihm mit der theologischen Autorität des emeritierten Papstes in den Arm fällt?

Was als nächstes passiert, darf mit Spannung erwartet werden. Sarah erreicht im Juni jene Altersgrenze von 75 Jahren, mit der Bischöfe gemäß dem Kirchenrecht dem Papst ihren Amtsverzicht anbieten müssen. Seine fünfjährige Amtszeit als Präfekt endete im November. Sie wurde von Franziskus, zumindest so viel bekannt ist, weder förmlich verlängert noch beendet.


Quelle:
KNA
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