missio zum Tod von Simbabwes Ex-Präsident

"Mugabe hat ein schwieriges Vermächtnis hinterlassen"

Simbabwes langjähriger Präsident Robert Mugabe galt als Vater des modernen Simbabwe, aber auch als brutaler Machthaber. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die Entwicklung des Landes nicht an einer autoritären Heilsgestalt liegt, so missio. 

Simbabwe: Frau vor einer Mauer mit dem Graffitti-Schriftzug "Mugabe" / © Tsvangirayi Mukwazhi (dpa)
Simbabwe: Frau vor einer Mauer mit dem Graffitti-Schriftzug "Mugabe" / © Tsvangirayi Mukwazhi ( dpa )

DOMRADIO.DE: Schauen wir auf das Leben und Wirken von Robert Mugabe. Er hat ja ganz hoffnungsvoll als Freiheitskämpfer begonnen...

Johannes Seibel (Leiter Abteilung Kommunikation und Presse bei missio): Ja, Robert Mugabe hat als Freiheitskämpfer begonnen. Er war auch ein Mensch, der in seinen frühen Jahren recht asketisch lebte. Er war sehr an Bildung interessiert und hat Bildung forciert. Aber gleichzeitig war er immer auch schon ein Mensch, der seine Konkurrenten argwöhnisch beäugt hat und dann auch diejenigen, die mit ihm zusammen oder auch an anderer Stelle die Freiheit erkämpft hatten, beseitigt hat.

Er hatte dieses Doppelgesicht: Einerseits versuchte er das Land zu verändern und zu verbessern. Andererseits war er sehr gefährlich und argwöhnisch und mehr und mehr besessen davon, Reichtümer für seine Clique, seine Familie, seine Freunde anzuhäufen.

DOMRADIO.DE: Mugabe hat dafür gekämpft, dass aus der britischen Kolonie Südrhodesien Simbabwe wurde. Er hat die ersten Wahlen des Landes im Jahr 1980 gewonnen. Dann aber entwickelte er sich nach und nach zum Diktator. Was war das Prägende seines politischen Handelns?

Seibel: Ich denke das Prägende war, dass er davon überzeugt war, dass er allein den richtigen Weg weiß und er allein dafür bürgen kann, dass Simbabwe einen guten Weg nimmt. Zweitens war er abhängig von den Gruppen, die ihn stützten, förderten und mit ihm kämpften. Er musste Klientelpolitik betreiben, um zu überleben. Drittens verlor er im Laufe seiner Amtszeit die Fähigkeit, die Realität einzuschätzen und griff dann zu immer brutaleren Mitteln.

DOMRADIO.DE: Mugabe hat sich von dem strahlenden Stern Afrikas zum Diktator entwickelt. Was hat diese Entwicklung mit der Bevölkerung gemacht?

Seibel: Für die Bevölkerung war das sehr schwierig. Menschenrechte sind verletzt worden. Die Lebensbedingungen sind - vor allen Dingen durch die Wirtschaftspolitik, aber auch durch Naturkatastrophen - immer schlechter geworden. Er suchte Sündenböcke, etwa die weißen Farmer.

Durch diese Mischung aus schlechten Lebensbedingungen, seinem autoritären Verhalten und seiner Klientelpolitik ist es der Bevölkerung immer schlechter gegangen. Unsere Erfahrungen der Projektzusammenarbeit zeigten sehr eingeschüchterte und hoffnungslose Menschen.

DOMRADIO.DE: Im Jahr 2017 war die Zeit Mugabes als Diktator abgelaufen. Da wurde der damals 93-Jährige durch einen Militärputsch abgesetzt, nachdem er erklärt hatte, dass er gerne nochmal bei der Präsidentschaftswahl antreten wolle. Nachfolger wurde sein vorheriger Stellvertreter. Was für ein Vermächtnis hat Mugabe dem Land hinterlassen?

Seibel: Das ist ein sehr schwieriges Vermächtnis. Die Entwicklung des Landes ist nach wie vor ungewiss. Auch für die katholische Kirche im Land - die Mehrzahl der Menschen in Simbabwe sind Christen - ist das eine große Herausforderung. Sie begrüßt den Neuanfang nach Mugabe. Im vergangenen Jahr hat es wieder Unruhen gegeben. Die katholische Kirche versucht, zu vermitteln und die einzelnen Parteien an einen Tisch zu bringen, damit die Auseinandersetzungen gewaltlos bleiben. Sie übernimmt oft Funktionen des Staates, die es gar nicht gibt - sprich, die Gesundheitsversorgung und Bildung.

Die katholische Kirche ist sehr herausgefordert. Das Vermächtnis von Robert Mugabe bedeutet für Simbabwe vielleicht dies: Zu lernen, das die Entwicklung des Landes nicht an einer autoritären Heilsgestalt liegt, sondern dass die Zivilgesellschaft wesentlich stärker selbst ihre Belange in die Hand nehmen muss. Dass ethnische und andere Zerwürfnisse überwunden werden müssen, dass für Versöhnung und Frieden gesorgt werden muss, damit Einheit ins Land zieht. Und dass demokratisches Verhalten eingeübt werden kann, was während der Diktatur Mugabe nicht eingeübt werden konnte. Hier hat besonders die Kirche, haben die Christen in Zukunft eine wichtige Rolle.

DOMRADIO.DE: Also könnte man sagen, dass die katholische Kirche nach dem Abdanken Mugabes noch wichtiger geworden ist?

Seibel: Ja, ich denke schon, dass die katholische Kirche - Religion insgesamt - in Simbabwe eine ganz wichtige Rolle spielt. Allein, weil sie eben staatliche Funktionen, die nicht mehr so gegeben sind, übernimmt. Sie spielt aber auch beim Aufbau der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Die katholischen Bischöfe Simbabwes sind integre Männer und im Land anerkannt. Sie können vermitteln und das tun sie auch aus unserer Beobachtung heraus. Es wird jetzt nach dem Tod von Robert Mugabe wichtig sein, wie sich diese Zivilgesellschaft, wie sich die demokratischen Strukturen weiterentwickeln.

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus ist gerade in Südostafrika unterwegs. Simbabwe steht nicht auf seiner Agenda. Aber glauben Sie, dass sein Afrikabesuch trotzdem auch in Simbabwe beobachtet wird?

Seibel: Sicherlich, der Besuch von Papst Franziskus wird in ganz Afrika beobachtet. Mosambik hat ja ein ähnliches Schicksal wie Simbabwe. Da schaut man genau hin. Papst Franziskus ist derjenige, der genau diese Botschaft vertritt und sagt: Ihr müsst eure Länder entwickeln. Dafür braucht ihr Versöhnung und Frieden. Dafür braucht ihr eine soziale Gerechtigkeit und eine Zivilgesellschaft. Dafür braucht ihr den Dialog.

Und diese Botschaften, die der Papst während seines Besuchs an die Menschen senden wird, die sind in Simbabwe genauso wichtig wie für Mosambik, Madagaskar und die anderen Länder.

Das Gespräch führte Heike Sicconi.


Robert Mugabe, langjähriger Präsident Simbabwes, ist tot  / © Ben Curtis (dpa)
Robert Mugabe, langjähriger Präsident Simbabwes, ist tot / © Ben Curtis ( dpa )
Quelle:
DR
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